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Politik: Reich dran

Von Bärbel Schubert Wie ein Staatsgeheimnis wurde das Ergebnis des Schulvergleichs zwischen den deutschen Bundesländern bisher gehütet. Nicht einmal Andeutungen wollten die zuständigen Wissenschaftler über den Ausgang machen.

Von Bärbel Schubert

Wie ein Staatsgeheimnis wurde das Ergebnis des Schulvergleichs zwischen den deutschen Bundesländern bisher gehütet. Nicht einmal Andeutungen wollten die zuständigen Wissenschaftler über den Ausgang machen. Doch knapp zwei Wochen vor der offiziellen Präsentation und zwei Tage vor dem zentralen Wahlkampf-Parteitag der Union werden die Resultate Stück für Stück bekannt: Bayern erreicht mit deutlichem Vorsprung vor allen anderen Bundesländern den ersten Platz. Baden-Württemberg folgt auf dem zweiten Rang, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet. Auf dem dritten und vierten Platz sind etwa punktgleich Sachsen und Rheinland-Pfalz vertreten. Das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen erreicht das Mittelfeld.

Die Unterschiede zwischen diesen Ländern und der Schlussgruppe mit Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt reichen deutlich über die Farbe ihrer Regierungsparteien hinaus – auch wenn Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) das Ergebnis umgehend für sich reklamiert hat. So ist beispielsweise Bremen als einziger Stadtstaat in der Wertung geblieben. Die typischen Schulprobleme deutscher Großstädte spiegeln sich also nur noch in diesem einen Ergebnis.

Das bayerische Schulsystem ist nach den Erkenntnissen der Schulforschung von besonders strenger sozialer Auslese gekennzeichnet. Dort werden nach wie vor nur knapp 20 Prozent der Schüler bis zum Abitur geführt, im Bundesdurchschnitt sind es 27 Prozent. Gemessen an den Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt gelten all diese Quoten als zu gering. Bayern muss daher besonders viele Akademiker für seinen Arbeitsmarkt aus anderen Ländern zu sich locken. Bayerns Schüler haben außerdem in den ersten neun Schuljahren mehr Unterrichtsstunden, so dass sich etwa im Vergleich zu Nordrhein-Westfalen ein Unterschied von rund einem Schuljahr ergibt.

Baden-Württemberg hat ein ganz anderes Schulsystem als Bayern: Es gilt als relativ durchlässig, so dass Kinder auch „aufsteigen“ können. Fast 30 Prozent machen Abitur, sitzen bleiben wenige. Das sozialdemokratisch geführte Rheinland-Pfalz wie auch das unionsregierte Sachsen wiederum weichen inzwischen beide von der strengen Gliederung in Haupt- und Realschule sowie Gymnasium ab.

Die Ergebnisse sprechen indes nicht unbedingt für besonders leistungsfähige Schulen in diesen Ländern; denn die jetzt bekannt gewordene Rangfolge der Schulleistungen entspricht ziemlich exakt dem Stand der Länder in der Sozialhilfestatistik. So haben Bayern und Baden-Württemberg bundesweit den geringsten Anteil an Sozialhilfeempfängern, Bremen den höchsten. Und schon der Schülertest Pisa international hatte gezeigt, dass in Deutschland die Förderung der Kinder aus armen und bildungsfernen Familien schlechter gelingt als in anderen Industrieländern. Für die Länder mit einem hohen Anteil benachteiligter Kinder war also ein schlechtes Abschneiden vorhersehbar – soweit ihre Schulen nicht überdurchschnittliche Förderung leisten. Am 27. Juni sollen die Pisa-Daten mit Details offiziell vorgestellt werden. Zu den Meldungen vom Sonnabend teilte die Kultusministerkonferenz mit, sie entbehrten einer sachlichen Grundlage.

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