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Politik: Reiche Rentner sollen mehr zahlen

Rürup-Kommission plant für 2004 neue Belastungen bei den Sozialversicherungen / Erst mit 67 Jahren in Ruhestand

Berlin (ce/uwe). Rentner müssen sich schon ab dem kommenden Jahr auf stärkere finanzielle Einbußen einstellen. Nach Informationen des Tagesspiegels am Sonntag arbeiten die Experten der RürupKommission an einer neuen Rentenformel. Außerdem spricht sich eine Mehrheit des Gremiums dafür aus, ab dem Jahr 2010 das Rentenzugangsalter schrittweise auf nominal 67 Jahre anzuheben. „Das bedeutet ein deutlich niedrigeres Rentenniveau“, heißt es aus Kreisen der Rürup-Kommission. Nach Informationen dieser Zeitung haben sich die gewerkschaftlichen Vertreter der Kommission bereits darauf verständigt, gegen das Votum zu stimmen, das für Ende Juni erwartet wird.

Hintergrund dieser Überlegungen ist, dass die Rentner stärker und schneller als bisher geplant zur Finanzierung der sozialen Lasten herangezogen werden sollen. Betroffen ist sowohl die Renten- als auch die Krankenversicherung. Die Rürup-Kommission und die Bundesregierung zielen dabei vor allem auf die Besserverdienenden unter den Rentnern. Ein großer Teil dieser Gruppe, so die Argumentation, leistet bisher ohnehin schon regelmäßige Zahlungen – allerdings nur an die direkten Familienangehörigen. So errechnete das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, dass rund ein Viertel der gut situierten Rentner regelmäßige Zahlungen an die eigene Familie leistet: und zwar durchschnittlich fast 440 Euro im Monat.

Die Arbeitsgruppe Rente kommt in der kommenden Woche erneut zusammen. Bis zum Sommer sollen konkrete Arbeitsergebnisse auf dem Tisch liegen. Dabei soll die Kommission offenbar jetzt auch für die kurzfristige Stabilisierung der Rentenbeiträge Vorschläge machen. Denn eine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters von derzeit 65 auf 67 Jahre schmälert die Renten erst langfristig. Solch eine Anpassung ist frühestens ab dem Jahr 2010 zu erwarten. Kommissionschef Bert Rürup hatte sich schon zu Beginn der Arbeit für diese Änderung ausgesprochen. Faktisch bedeutet ein höheres Rentenzugangsalter, dass diejenigen, die früher in Rente gehen, höhere Abschläge hinnehmen müssen. Zu diesem Vorschlag ist in der Kommission voraussichtlich nur das Veto der beiden Gewerkschaftsvertreter zu erwarten. DGB-Vize Ursula Engelen-Kefer und IG Bau-Chef Klaus Wiesehügel halten diesen Schritt für nicht vertretbar.

Schon kurzfristig könnten sich Änderungen bei der Rentenformel auf das Rentenniveau auswirken. So ist davon auszugehen, dass die steigende Lebenserwartung in die Berechnung Eingang findet. „Es geht darum, die Lasten zwischen Rentnern und Beitragszahlern neu zu verteilen“, heißt es aus der Kommission. Das Ergebnis werde einer Wiedereinführung des demographischen Faktors sehr nahe kommen, heißt es in Kommissionskreisen. Nur dass man diese Formel, die die Lasten der Überalterung der Gesellschaft auf die Schultern der heutigen Rentner und der Beitragszahler verteilt, nicht so nennen dürfe. Schließlich war die Regierung Schröder mit dem Versprechen angetreten, die Rentenreform von Union/FDP zurückzunehmen, die auf genau diesem Faktor beruhte. Anders gehe es allerdings nicht, sagten Kommissionsmitglieder dem Tagesspiegel am Sonntag: Schon, um die Zustimmung der Union im Bundesrat zu erreichen, werde das Modell dem ähneln müssen, das die Regierung Kohl damals durchgesetzt hatte.

Noch umstritten bei den Kommissionsexperten ist, ob die neue Rentenformel schon ab dem kommenden Jahr greifen sollte – oder erst ab 2010. Wenn man bei der Rente nicht zu kurzfristigen Einsparungen komme, müssten die Rentner bei der Gesundheitsreform um so stärker herangezogen werden, heißt es. In Koalitionskreisen nämlich erhofft man sich schnelle Einsparungen bei den Sozialversicherungen. So gibt es bei den Grünen Überlegungen, Rentner auch in der Krankenversicherung stärker zur Kasse zu bitten: Indem ihnen Krankenkassenbeiträge aus Zins- und Mieteinkünften abverlangt werden.

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