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Zurzeit macht Frankreichs Staatschef Hollande gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Valéry Trierweiler Urlaub. Im Herbst will seine Regierung eine Vermögensteuerreform vorlegen.

© AFP

Reichensteuer: Einkommen und Egalité

SPD, Grüne und Linke wollen Reiche stärker zur Kasse bitten – ähnlich wie Frankreichs Präsident François Hollande

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„Mehr Steuergerechtigkeit liegt im Trend.“ Mit diesen Worten fasst Stefan Bach, Steuerexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), die stärkere steuerliche Belastung der Reichen zusammen, welche derzeit sowohl in Frankreich als auch in Deutschland diskutiert wird. Während Frankreichs Präsident François Hollande angesichts der prekären Haushaltslage in seinem Land mit einer Vermögensabgabe und einer Reform der Erbschaftsteuer bereits erste Pflöcke eingeschlagen hat, gilt in Deutschland die Forderung nach einer stärkeren Besteuerung hoher Einkommen und Vermögen derzeit als Wunschdenken – Union und FDP weisen den Vorschlag von SPD-Chef Sigmar Gabriel zurück, der eine kräftigere Besteuerung von Kapital, Vermögen und Erbschaften sowie einen höheren Spitzensteuersatz verlangt hatte. Die Linkspartei sieht dagegen in Gabriels Forderung mit Blick auf rot-rot-grüne Gedankenspiele für die Zeit nach der Bundestagswahl 2013 die Möglichkeit für einen Schulterschluss mit den Sozialdemokraten.

In Frankreich hat das Parlament vergangene Woche eine Sonderabgabe zur Vermögensteuer beschlossen. Die einmalige Abgabe, die bei Vermögen über 1,3 Millionen Euro im Herbst fällig wird, wird zusätzlich zur bestehenden Vermögensteuer erhoben. Hollande erwartet dadurch Mehreinnahmen von 2,3 Milliarden Euro. Nach dem Sommer will Hollande eine Reichensteuer in Höhe von 75 Prozent für Einkommen ab einer Million Euro pro Jahr einführen. Und im Herbst möchte seine Regierung auch eine grundlegende Reform der Vermögensteuer vorlegen. Hollande will dabei die Vermögensteuerreform seines Vorgängers Nicolas Sarkozy zurückdrehen: Künftig sollen nicht nur Vermögen über 1,3 Millionen Euro besteuert werden, sondern voraussichtlich Vermögen über 800 000 Euro.

Für Stefan Bach kommen Hollandes Reformen nicht überraschend – für den DIW-Experten sind die Steuererhöhungen gewissermaßen eine Gegenbewegung zum Trend der letzten Jahrzehnte, demzufolge Steuern auf hohe Einkommen und Vermögen in nahezu allen Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gesenkt wurden. Der Experte sieht allerdings auch eine Schattenseite: Hollandes Reformen könnten den Wettlauf um möglichst niedrige Steuern auf internationaler Ebene anheizen.

Der Linkspartei kommt die von SPD-Chef Gabriel losgetretene Diskussion gelegen. Linken-Chefin Katja Kipping nannte es am Montag eine „angenehme Überraschung“, dass ihr SPD-Kollege die „kriminelle Energie“ der Großbanken gerügt hatte. Nun begrüßt sie die Diskussion in Deutschland um eine Reichensteuer „außerordentlich“. Natürlich nicht ohne den Verdacht, dass es Gabriel auch um „Effekthascherei“ gehe. Für Kipping und ihren neuen Ko-Chef Bernd Riexinger gibt es auch die Gelegenheit zu einer Akzentverschiebung. Bisher ging es bei der Linken immer um „rote Haltelinien“ – also Bedingungen, ohne deren Beachtung mit SPD und Grünen im Bund nichts geht. Jetzt werden von der Linkspartei, von der Reichensteuer bis zum Stopp von Rüstungsexporten, Vorschläge gemacht, um im linken Lager auf einen Nenner zu kommen. Gabriel ließ die Partei allerdings wissen, dass man mit der Linken „ernsthaft keine Koalitionsverhandlungen führen“ könne.

Auch die Grünen wollen Vermögende zur Kasse bitten. Die Partei hatte sich im November bei ihrem Bundesparteitag in Kiel auf die Forderung verständigt, den Spitzensteuersatz bei Einkommen von über 80 000 Euro von derzeit 42 auf 49 Prozent anzuheben. Reiche mit einem Vermögen von mindestens einer Million Euro sollen eine auf zehn Jahre befristete Vermögensabgabe in Höhe von 1,5 Prozent zahlen. Nach Auffassung von Fraktionschef Jürgen Trittin soll diese Abgabe „gezielt zum Abbau der Schulden“ eingesetzt werden. Die Grünen rechnen mit Einnahmen in Höhe von 100 Milliarden Euro während der zehn Jahre.

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