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Politik: Reinhard Klimmt ist von Hause aus mit leeren Kassen vertraut - der Saarländer übernimmt ein Ministerium mit knappem Etat

Es gibt einfache und schwierige Ministerämter. Verkehrsminister ist in Zeiten allgemeiner Sparsamkeit eins der schwierigen.

Von Robert Birnbaum

Es gibt einfache und schwierige Ministerämter. Verkehrsminister ist in Zeiten allgemeiner Sparsamkeit eins der schwierigen. "Der kann jetzt Brücken bauen", spottet ein Regierungsmann über den künftigen Ressortchef Reinhard Klimmt. Das genaue Gegenteil wird der selbsternannte Vorkämpfer der sozialen Gerechtigkeit als Minister tun dürfen: Er wird immer neu erklären müssen, warum er diese Brücke, jene Straße, diesen Schienenweg nicht bauen kann. Sein Etat ist der größte Investitionshaushalt des Bundes.

Entsprechend tief sind die Einschnitte, die Finanzminister Hans Eichel (SPD) in seinem Sparpaket vorgesehen hat: Bis 2003 soll der Bau- und Verkehrshaushalt um rund 19 Milliarden Mark schrumpfen. Doch damit sind längst nicht alle finanziellen Risiken beschrieben. Verkehrsexperten sehen für die nächsten Jahre einen zweistelligen Milliardenbetrag im Feuer. Kein Trost für den Saarländer Klimmt, dass er von Haus aus mit leeren Kassen vertraut ist.

Allein im laufenden Haushalt 1999 droht ein Loch von 10,6 Milliarden Mark, weil einkalkulierte Einnahmen ausbleiben. Für sechs Milliarden Mark wollte der scheidende Ressortschef Franz Müntefering Kreditforderungen weiterverkaufen, die der Bund seinerzeit der Bahn als zinslose Darlehen zum Bau von Schienenwegen gegeben hatte. Der Tausch "Schulden gegen Bargeld", schon vom CDU-Minister Matthias Wissmann eingefädelt, kam bis heute nicht zustande. Am Widerstand der Gewerkschaften bislang ebenfalls gescheitert ist der Verkauf von Eisenbahnerwohnungen, der weitere 4,6 Milliarden Mark in den Verkehrsetat spülen sollte.

Fehlt es einerseits an Einnahmen, sieht die Lage auf der Ausgabenseite nicht besser aus. Verkehrspolitiker der Koalition sehen eine "dramatische Zunahme" an Erhaltungsaufwendungen auf den Bund zukommen. Straßen und Brücken sind in die Jahre gekommen, der Spannbeton der ersten Generation wird vielerorts brüchig. Als lästige Erblast erweist sich auch das Verfahren der Vorgänger-Regierung, Straßen- und Schienenprojekte von privaten Unternehmen vorfinanzieren zu lassen. Denn ab 2001 wollen die Geldgeber erste Rückzahlungsraten sehen - 500 Millionen Mark sind es anfänglich, Tendenz steigend.

Dass auch der Beitrag des Verkehrsministers zum Sparpaket alles andere als gesichert ist, verschärft die Geldnot weiter. 9,6 Milliarden Mark gedachte Müntefering dadurch zu sparen, dass er das bisher von Bund, Ländern und Gemeinden gemeinsam finanzierte pauschalierte Wohngeld für Sozialhilfeempfänger voll den Ländern und Kommunen auflastet. Die wehren sich natürlich, Ausgang ungewiss.

So bleibt dem neuen Minister kaum Raum für große Sprünge. Trotzdem widersprechen Verkehrspolitiker wie der Grüne Albrecht Schmidt der Vermutung, der Aufstieg Klimmts vom abgewählten Landeschef zum Bundesminister sei eine getarnte Strafversetzung. Klimmt könne es schaffen, wenn er mutig umsteuere. Schon Müntefering hatte sich schrittweise vom Bundesverkehrswegeplan verabschiedet - einem kurz nach der deutschen Einheit aufgestellten Plan mit einem Gesamtumfang von 538 Milliarden Mark bis 2012.

Angesichts des Kassenstands ist das reine Utopie. Erste Vorhaben sind schon gestrichen, weitere werden folgen. Wenn es nach den Grünen geht, wird als erstes ein Projekt beerdigt, an dem die Regierung ohnehin nur noch halbherzig festgehalten hat: der Transrapid. Gut möglich, dass der Linke Klimmt diesen Schnitt leichter vollzieht als sein Vorgänger aus der SPD-Realo-Riege. Das Aus für die Magnetschwebebahn würde dem Bund Ausgaben von mindestens sechs Milliarden Mark ersparen.

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