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Reinhard M.: Gefährliche Täter bald auf freiem Fuß?

Die Sicherungsverwahrung gefährlicher Straftäter in Deutschland verstößt in Teilen gegen die Europäische Menschenrechtskonvention.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg hat am Dienstag einen Antrag der Bundesregierung abgelehnt, den Fall des Gewaltverbrechers Reinhard M. erneut zu verhandeln. Damit ist ein Kammerurteil des Gerichts von 2009 rechtskräftig geworden. Als Folge davon könnten in nächster Zeit mindestens 70 von insgesamt 500 Sicherungsverwahrten in Deutschland freikommen – entgegen gutachterlichen Prognosen, die die Täter noch immer als gefährlich einstufen. Der mehrfach vorbestrafte Reinhard M. soll 50 000 Euro erhalten, hatte der Gerichtshof im Dezember geurteilt. Der 52-Jährige wird seit über 18 Jahren im hessischen Schwalmstadt in Sicherungsverwahrung gehalten.

Die Verwahrung sei eine echte Strafe und keine bloße Schutzhaft, so der EGMR damals; sie verstoße gegen den Grundsatz „keine Strafe ohne Gesetz“, da sie zum Zeitpunkt der Verurteilung 1986 auf zehn Jahre begrenzt war. Diese zeitliche Begrenzung wurde in Deutschland 1998 aufgehoben. Dennoch blieb in Verwahrung, wer weiter als gefährlich beurteilt wurde.

Die Bundesregierung hatte gehofft, die Große Kammer des Gerichts werde sich des Falls zumindest annehmen. Dadurch hätte man Zeit für eine grundlegende Reform der rechtspolitisch umstrittenen Sicherungsverwahrung bekommen. Nun steigt der Druck. Die Bundesregierung ist verpflichtet, EGMR- Urteile umzusetzen. In der Praxis kann das bedeuten, dass Betroffene erfolgreich ihre Entlassung beantragen.

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