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Politik: Renten – Israel schweigt

Nach Deutschlands Absage an Holocaust-Opfer

Berlin - Ungewöhnlich deutlich hat die Bundesregierung am Freitag eine Bitte aus Israel abgelehnt. „Nach eingehender Prüfung“ habe man entschieden, der Bitte nach mehr Geld für Holocaust- Überlebende nicht zu entsprechen, sagte Vizeregierungssprecher Thomas Steg. Noch ungewöhnlicher bisher die Reaktion aus Israel: Schweigen. Auf Nachfrage des Tagesspiegels reagierten hohe Kreise der Außenpolitik vollendet diplomatisch: „Israel und Deutschland stehen in fruchtbarem und dauerndem Dialog über alle Themen, dieses eingeschlossen.“ Entscheidungen überlasse man „dem direkten Gespräch“.

Nach Verärgerung klingt das nicht – und das, obwohl die deutsche Seite jüngste Gelegenheiten zum Gespräch erklärtermaßen verstreichen ließ. Weder Innenminister Schäuble letzte Woche noch Finanzminister Steinbrück in dieser wollten das Thema anschneiden. Aufgebracht hatte es vor Wochen Rafi Eitan, Minister für Rentenfragen und Chef der kleinen Rentnerpartei. Eitans Argument: Das Luxemburger „Wiedergutmachungs“-Abkommen, in dem Israel und die Bundesrepublik sich 1952 auf die Zahlung von drei Milliarden Mark für Vermögensverluste und die Wiedereingliederung jüdischer Flüchtlinge geeinigt hatten, reiche nicht mehr. Es decke weder die Kosten durch die inzwischen hohe Lebenserwartung vieler Holocaust- Überlebender noch die der massenhaften Einwanderung von NS-Opfern aus der früheren Sowjetunion.

Nicht nur von Israels Medien setzte es für diesen Bezug auf das Abkommen heftige Kritik. Auch der Regierungsmehrheit war er peinlich; man fürchtete den Eindruck, Israel stelle Verträge infrage. Dies würde das offizielle Schweigen erklären – zumal es andere Möglichkeiten gibt, Holocaust-Überlebenden zu helfen. Johannes Gerster (CDU), Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und viele Jahre im Bundestag in Wiedergutmachungsfragen tätig, nennt die Jewish Claims Conference (JCC), auf die auch der Regierungssprecher verwiesen hat. Die JCC ist selbst Vertragspartnerin des Abkommens von 1952 und hat von jeher deutsche Hilfe an jüdische NS-Opfer weitergeleitet. „Es gibt Grund genug, dass Deutschland Israel auch in Zukunft hilft“, sagt Gerster. „Es wäre aber falsch, den Topf der Wiedergutmachung von neuem zu öffnen.“ Andrea Dernbach

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