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Eine Frage des Alters. Die Rentenkonzepte sind umstritten.

© dapd

Rentendiskussion: Wohin steuern CDU und SPD?

Beide Volksparteien ringen um das beste Konzept. Dabei prallen sowohl bei der CDU als auch bei den Sozialdemokraten entgegengesetzte Vorstellungen aufeinander.

Vielleicht hilft es ja, das Ding einfach anders zu nennen. „Rente nach Mindesteinkommen“ zum Beispiel. Das klingt nicht nur besser als Ursula von der Leyens „Zuschussrente“, bei der man gleich ans Almosengeben denkt. Man könnte mit der Umbenennung die Streiterei im Unionslager vergessen machen, die um das Rentenkonzept der Sozialministerin entbrannt ist. Und die Kritiker vielleicht auch mit dem Argument ins Boot holen, dass es eine Mindestbewertung von Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rente schon einmal gab, ohne dass das System Schaden genommen hätte. Die Rentenanhebung für Geringverdiener mit mindestens 35 Beitragsjahren wurde unter obigem Namen immerhin 20 Jahre lang praktiziert und erst Ende 1991 abgeschafft.

Dass solche Erwägungen für das aktuelle Rentenkonzept der Unions-Arbeitnehmer eine gewichtige Rolle gespielt haben, will keiner der Beteiligten bestreiten – und das zeigt, wie festgefahren der parteiinterne Streit bereits ist. Inhaltlich nämlich unterscheidet sich der Rückgriff aufs alte Renten-Instrumentarium, mit dem die Christlich Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) am Montag ihren Debattenbeitrag zum Thema Altersarmut lieferte, nicht groß von den Ideen der Ministerin. Zumal die CDA die einstige „Rente nach Mindesteinkommen“ durchaus noch etwas aufzufrischen bereit ist. So soll die Aufstockung auf maximal 75 Prozent der Durchschnittsrente nicht wie früher „mit der Gießkanne“ erfolgen, sondern – wie bereits bei der Witwenrente – mit einer Einkommensanrechnung verknüpft werden. Und Geringverdiener, die zusätzlich privat vorgesorgt haben, sollen für ihre Rentenaufwertung Freibeträge erhalten – damit ihnen der Anreiz zum Sparen nicht verloren geht.

Beim CDA-Kongress unter dem Titel „Rackern und Riestern“ sah sich die Ministerin denn auch kaum genötigt, ihr eigenes Konzept gegen das der Gastgeber zu verteidigen. Das Grundprinzip des Zuschusses sei ja das Gleiche, freute sie sich. Tatsache dabei ist, dass sich Leyen bereits im Vorfeld auf die Vorstellungen des Arbeitnehmerflügels zubewegt hat: So sollen die Mini-Renten nun auch nach ihrem Modell nicht mehr pauschal auf 850 Euro im Monat erhöht werden, sondern nur unter Berücksichtigung von Versicherungszeiten und Einzahlungen. Allerdings will die Ministerin noch zusätzliche Privatvorsorge zur Bedingung machen, teilzeitarbeitende Frauen mitberücksichtigen und die Zuschussrente weitgehend aus Steuern finanzieren. Die „Rente nach Mindesteinkommen“ sieht eine Aufwertung innerhalb des Systems, und nur für Vollzeitbeschäftigte vor.

Damit hat die Union inzwischen vier Rentenkonzepte: eines der Ministerin, eines ihres Arbeitnehmerflügels, eines der CSU und eines ihrer Jungspunde – wobei die Christsozialen die Position der CDU- Frauen und der Unionsnachwuchs die Position der Liberalen mitbedienen. Die CSU fordert, die Kindererziehungszeiten von älteren Müttern in der Rente künftig genauso zu berücksichtigen wie die von Frauen mit nach 1992 geborenen Kindern: mit drei Jahren und nicht, wie bisher, mit einem Jahr. Und die Jungen halten nichts von steuerfinanzierter Aufstockung und wollen lieber nur Privatvorsorge befördern. Private Renten, so die Truppe um JU-Chef Philipp Mißfelder und Jens Spahn, dürften nicht mehr voll auf die Grundsicherung angerechnet werden, sondern müssten dort mit einem Freibetrag von mindestens 100 Euro außen vor bleiben.

Dass sich das Riestern für Geringverdiener lohnen muss, finden auch Arbeitnehmerflügel und Ministerin. Keinesfalls wolle man den Eindruck vermitteln, „die vernünftige und bürgerliche Tugend des Sparens fürs Alter“ diskreditieren zu wollen, beeilte sich CDA-Chef Karl- Josef Laumann zu versichern. Allerdings müsse sich auch jeder sicher sein können, dass sich das Einzahlen ins gesetzliche Rentensystem lohne. Andernfalls so warnte Leyen, stelle sich doch für Geringverdiener die Frage, ob es für sie nicht klüger wäre, gleich schwarz zu arbeiten.

An diesem Dienstagabend trifft sich die Rentenarbeitsgruppe der Union zum zweiten Mal, um beides irgendwie zusammenzubringen. Echte Ergebnisse erwartet sich davon aber keiner der Teilnehmer. Um zu wissen, wohin die Reise geht, bedürfe es eines Machtworts der Partei- und Fraktionschefs, heißt es allenthalben. Gelegenheit dafür bietet der Koalitionsausschuss am 4. November.

Mit dem CDA-Vorschlag jedenfalls sei nichts gewonnen, meint Heinrich Kolb (FDP). Das sei „alter Wein in alten Schläuchen“. Der CDU-Jungpolitiker Spahn dagegen sieht in dem Arbeitnehmer-Modell „eine gute Grundlage für weitere Gespräche“. Und die Ministerin hat ebenfalls ein Einlenken signalisiert. Wenn es der Einigung diene, könne das versprochene Konzept gegen Altersarmut auch anders heißen als „Zuschussrente“, bot sie ihren Parteifreunden an. „Am Namen hänge ich nicht, aber am Prinzip hänge ich.“

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