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Die Rente im Blick. Studenten schließen sich den Protesten an.

© REUTERS

Rentenreform: Nun streiken auch Frankreichs Schüler

Die Proteste gegen die Rentenreform weiten sich aus, doch Präsident Sarkozy will hart bleiben.

Mit der Beteiligung von Schüler- und Studentenverbänden an den neuen landesweiten Streiks der französischen Gewerkschaften hat sich der Opposition gegen die Rentenreform der Regierung von Präsident Nicolas Sarkozy am Dienstag ausgeweitet. Bereits um die Mittagszeit waren nach Angaben des Innenministeriums in den großen Städten mehrere hunderttausend Franzosen in den Straßen versammelt, unter ihnen auffallend viele junge Leute. In Paris schlossen sich am Nachmittag wieder zahlreiche Führer der linken Opposition dem Demonstrationszug zum Bastille-Platz an. Bis zum Abend hofften die Gewerkschaften auf drei Millionen Teilnehmer und damit das Ausmaß der vorausgegangenen Protesttage zu übertreffen. Zwei Drittel der Franzosen unterstützen laut Umfragen die Proteste.

Vor allem bei der Staatsbahn SNCF, bei den Pariser Verkehrsbetrieben, an den Flughäfen sowie im öffentlichen Nahverkehr großer Städte in der Provinz kam es wieder zu erheblichen Störungen. Von den Hochgeschwindigkeitszügen TGV, die zwischen Paris und der Provinz verkehren, fuhr nur jeder dritte. Auch Verbindungen nach Deutschland waren betroffen. Auf den Straßen in der Hauptstadtregion bildeten sich riesige Autostaus.

An der Hälfte der Schulen fiel der Unterricht aus. Laut Bildungsministerium legte etwa jeder fünfte Lehrer die Arbeit nieder, laut Gewerkschaften war es fast jeder zweite. In Marseille setzten die Hafenarbeiter ihren Streik fort. Durch die Blockade des Ölterminals von Fos-sur-Mer geriet die Versorgung mehrerer Raffinerien in Schwierigkeiten, so dass bereits von der Gefahr einer Treibstoffverknappung die Rede war.

Den Gewerkschaften ist zwar bewusst, dass sie die Erhöhung des Renteneintrittsalters von derzeit 60 auf künftig 62 Jahre sowie die Heraufsetzung des Alters für eine Vollrente von 65 auf 67 Jahre nicht verhindern können. Mit der Kraftprobe wollen sie die Regierung jedoch zu gerechteren Lösungen für bestimmte Härtefälle bewegen. Von einer „letzten Chance“ sprach Francois Chérèque, der Generalsekretär der Gewerkschaft CFDT.

Dass Präsident Sarkozy, der die Reform zu seiner persönlichen Sache gemacht hat, noch nachgibt, erscheint allerdings zweifelhaft. Vergangene Woche hatte er zwei marginale Zugeständnisse zugunsten von Müttern mit drei Kindern sowie von Eltern schwerbehinderter Kinder bewilligt. Weitere Konzessionen schloss er jedoch aus. Im Senat, der sich nach der Abstimmung in der Nationalversammlung in zweiter Lesung mit der Vorlage befasst, warnte die Regierung vor einer Verwässerung des Reformwerks. Dessen Behandlung steht jetzt nach der Billigung wesentlicher Eckpunkte durch die Senatoren praktisch vor dem Abschluss.

Angesichts des Tempos der parlamentarischen Prozedur zeichnete sich bei einzelnen Gewerkschaften eine Tendenz zur Radikalisierung des Konflikts ab. Während ihre Dachverbände einen neuen Protesttag am kommenden Samstag ankündigten, beschlossen die Arbeitnehmerorganisationen bei der Bahn und den Pariser Verkehrsbetrieben sowie bei Unternehmen des Energiesektors, ihre Mitglieder zur „unbegrenzten Fortsetzung“ des gestrigen Streiks in den nächsten Tagen aufzurufen. Die Führer der Gewerkschaften lehnten dies ab, erklärten aber, dass sie nicht abseits stehen würden, sollten sich bei den Abstimmungen in den Betrieben dafür Mehrheiten ergeben.

Mehr als eine solche Radikalisierung des Konflikts bereitet der Regierung die Teilnahme von Schülern und Studenten an den Protesten Sorgen. Ihr Platz sei nicht auf der Straße, sondern in Schulen und Universitäten, erklärte sie. Den Gegnern warf sie vor, die jungen Leute „für ihre Ziele zu instrumentalisieren“.

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