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Politik: Residenz zu Hause

Drei Tage lang ging Bundespräsident Horst Köhler seinen Amtsgeschäften in seiner Heimatstadt Ludwigsburg nach

Von Hans Monath

Der Bundespräsident hielt Residenz außerhalb seines Berliner Amtssitzes: Am Freitag empfing Horst Köhler mit militärischen Ehren den slowenischen Präsidenten Danilo Türk im Residenzschloss Ludwigsburg. Gleichzeitig war das der Auftakt zu dreitägigen Köhler-Festspielen in der Heimatstadt des Bundespräsidenten, die am Sonntag mit einer Ansprache vor dem Bundestreffen der Bessarabiendeutschen endeten.

Mehr als 1200 Gäste drängen sich im Theater im Forum, als Köhler am Samstag mit sehr persönlichen Reminiszenzen gespickt den Festvortrag zum 60-jährigen Bestehen des renommierten Deutsch-Französischen Instituts hält. Vor den Toren eben dieses DFI, das 1948 von Carlo Schmid und Theodor Heuss gegründet wurde, stand der junge Horst Köhler einst „regelmäßig“: Er holte seine Freundin und spätere Ehefrau Eva Luise vom Sprachkurs ab. „Es hat gehalten, wie Sie sehen.“

Zum Privaten kam das Politische: „Ich erinnere mich noch ganz genau an das Gedränge und die Aufregung, wir sind die Königsallee runtergerannt, um den großen französischen Staatsmann zu sehen.“ Nicht nur der damals 19-Jährige hörte am 9. September 1962 de Gaulles „Rede an die deutsche Jugend“. Unter den 4000 jungen Menschen war auch der frühere Ministerpräsident und jetzige DFI-Präsident Erwin Teufel. Die schreckliche deutsch-französische Vergangenheit, als „jede Nachkriegszeit wieder zur Vorkriegszeit wurde“, wie es Teufel ausdrückt, ist längst vorbei: „Deutschland und Frankreich können Einfluss auf eine humane Gestaltung der Globalisierung nehmen“, sagt auch Köhler.

Am meisten Applaus gab es, als Teufel dem Bundespräsidenten bescheinigte, alle Prädikate erworben zu haben, die einen guten Schwaben auszeichneten: Schule in Ludwigsburg, Studium in Tübingen, Bau eines Häusles in Eigenarbeit, Weltoffenheit: „ Mit diesen Attributen muss man Bundespräsident werden – und bleiben.“ In der Region kann man schon am Montag den Vergleich ziehen: Köhlers Herausforderin Gesine Schwan hält den Eröffnungsvortrag beim 10. Stuttgarter Schlossgespräch.

Beim Bundestreffen der Bessarabier rief Köhler Deutsche und Einwanderer zu mehr Integrationsbemühungen auf. Deutsche sollten jene Migranten willkommen heißen, die bereit und in der Lage seien, sich hier eine neue Existenz aufzubauen. Die Integration erfordere aber im Gegenzug von den Einwanderern, dass sie sich nicht unter Berufung auf eine ihrer Qualitäten „von anderen absondern, denn das verleugnet das Übergewicht an Gemeinsamkeiten“.

Köhler hat selbst Wurzeln in Bessarabien, das heute zum Teil zu Moldawien und zum Teil zur Ukraine gehört. Köhlers Eltern stammen aus der damals rumänischen Provinz, in der im 19. Jahrhundert auch Deutsche siedelten, als das Gebiet noch zum russischen Zarenreich gehörte. Nach dem Hitler-Stalin-Pakt kam Bessarabien 1940 unter sowjetische Kontrolle. Die etwa 90 000 Deutschen wurden ins Reich umgesiedelt. mit dpa

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