zum Hauptinhalt

Politik: Revolutionäre bereiten Sturm auf Damaskus vor Über die Türkei gelangen Waffen nach Syrien

Opposition kritisiert Abbruch der UN-Mission.

Damaskus/Kairo - Die Revolutionäre in Syrien haben die Entscheidung der UN-Beobachter kritisiert, ihre Mission wegen der eskalierenden Gewalt zu unterbrechen. In einer am Sonntag veröffentlichten Erklärung der „Allgemeinen Kommission der Syrischen Revolution“ hieß es, erst hätten die unbewaffneten Militärbeobachter dem Regime von Präsident Baschar al Assad durch ihre Anwesenheit die Möglichkeit gegeben, unbehelligt Kinder zu töten und Massaker zu verüben. Jetzt hätte die Beobachtermission beiden Seiten die Schuld an der jüngsten Eskalation der Gewalt gegeben, obwohl die Deserteure der „Freien Syrischen Armee“ lediglich zu Verteidigungszwecken das Feuer auf die Regimetruppen eröffneten.

Die Blauhelme hatten ihre Mission in Syrien am Samstag vorerst gestoppt. Grund sei die steigende Waffengewalt während der letzten zehn Tage, erklärte der Chef der 300-köpfigen UN-Truppe, der norwegische General Robert Mood. Patrouillenfahrten seien für die unbewaffneten Beobachter zu gefährlich geworden, auch wenn sie zunächst einmal in Syrien bleiben. Damit steht der internationale Vermittlungsplan des UN-Beauftragten Kofi Annan, der als ersten Schritt einen Waffenstillstand vorsah, endgültig vor dem Kollaps. Die Türkei forderte „neue Schritte“ des UN-Weltsicherheitsrates, der sich seit 16 Monaten nicht auf eine Resolution gegen das Assad-Regime einigen kann.

An vielen Stellen im Land haben die Gefechte zwischen Eliteeinheiten des Regimes und den Rebellen stark zugenommen, seit die Kämpfer der „Freien Syrischen Armee“ (FSA) vor allem über die Türkei größere Kontingente an modernen Waffen erhalten, darunter Panzerabwehrraketen, Maschinengewehre und Scharfschützengewehre. Auch die innere Organisation der Rebellen hat sich wesentlich verbessert, weil sie aus westlichen Ländern modernes Kommunikationsgerät geliefert bekommen. Mood machte daher beide Seiten für die Eskalation verantwortlich. „Es gibt keinen Willen mehr, auf eine friedliche Lösung zu setzen“, sagte er. „Stattdessen geht es nur noch darum, die eigene militärische Position zu verbessern.“

Und so versinkt Syrien immer tiefer in Chaos und Gewalt. Mehr als 80 Menschen starben am Wochenende bei Kämpfen im ganzen Land. Homs wurde weiter von Armeeeinheiten belagert und pausenlos beschossen. Videos zeigen Teile der Stadt in Flammen, während sich die Lage von rund 1000 Familien, die in vier Stadtteilen eingeschlossen sind, dramatisch zuspitzte. Die Menschen „haben nichts mehr zu essen und keinen Zugang zu ärztlicher Betreuung“, erklärte die „Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ in London. Mehr als 100 Opfer seien verletzt und bedürften dringend medizinischer Hilfe, die es vor Ort nicht mehr gebe.

Laut mehreren westlichen Presseberichten bringen derweil türkische Fahrzeuge per Schiff angeliefertes Kriegsgerät zur Grenze, wo es von syrischen Schmugglern in Empfang genommen wird. Diplomatische Kreise aus Ankara erklärten, das Vorgehen der Türkei sei mit den Vereinigten Staaten abgestimmt. Nach Angaben des Syrischen Nationalrates (SNC) werden die von Saudi-Arabien und Katar finanzierten Waffen teilweise schon bis in die Umgebung von Damaskus weitergeschleust. Damit könnte sich für Mitte August um die syrische Hauptstadt herum ein ähnliches Ramadan-Szenario anbahnen wie 2011 am Ende des Fastenmonats in Libyens Hauptstadt Tripolis. Damals hatte sich die libysche Bevölkerung im Inneren der Stadt monatelang heimlich bewaffnet. Am 20. August vertrieben die zwei Millionen Bewohner dann das Gaddafi-Regime durch einen koordinierten Aufstand, unterstützt von Rebellenbrigaden, die von außen angriffen. M.G./dpa

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false