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Politik: Rezeptfrei

Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Einem geschenkten Gaul, so mahnt die ehrbare Zunft der Rosshändler, schaut man nicht ins Maul. Aber einem geschenkten Adventskalender?

Foto: Rückeis / Montage: DP

HINTER DEN LINDEN

Einem geschenkten Gaul, so mahnt die ehrbare Zunft der Rosshändler, schaut man nicht ins Maul. Aber einem geschenkten Adventskalender? Dem darf man, ja, dem soll man sogar hinter die Türchen schauen, denn das ist sein Daseinszweck: 24 Trösterchen anzubieten, die einem durch die dunklen Tage helfen und die Wartezeit aufs Christkind verkürzen.

Bei der Techniker Krankenkasse haben die Trösterchen logischerweise Tablettenform. 24 Pillen hat uns der Versicherer geschickt, in Kalenderform, schön durchnummeriert bis zum Heiligen Abend. Und gestern Morgen hätten wir eigentlich beginnen müssen mit dem adventlichen Tablettenschlucken. Doch irgendetwas lässt uns zögern. Ist es die Tatsache, dass uns die Pillen von keinem Arzt verordnet und von keinem Apotheker empfohlen wurden? Fehlt uns womöglich die Packungsbeilage, die vor Risiken und Nebenwirkungen warnt? Man ist ja doch, wenn es ums leibliche Wohl geht, ein wenig konservativ.

Auch die versprochene Süße – „das Gesundheitswesen hält nicht nur bittere Pillen bereit“, steht im Begleitschreiben – hilft nicht gegen das mulmige Gefühl. Ist es bloß ein seltsamer Zufall, dass ebenjene Techniker Krankenkasse dieser Tage angekündigt hat, ihren Beitragssatz zum 1. Januar nicht zu senken? Die Kosten der Adventskalender-Aktion können so hoch nicht gewesen sein. Aber vielleicht steckt in den Pillen ja eine gehörige Portion Baldrian und Johanniskraut, zur Beruhigung wutschnaubender Kommentatoren. Die Neugier wird siegen, wir werden’s ausprobieren. Und wenn Sie demnächst bei uns keinen kritischen Beitrag zur Krankenkassenpolitik mehr entdecken, dann hat die tägliche Tablettengabe wohl gewirkt. Friedvolle Adventszeit!

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