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Not in Griechenland. Eine alte Frau bettelt vor der Nationalbank in Athen.

© AFP

Rezession in Griechenland: Hellenischer Teufelskreis

In diesem Jahr könnte sich der wirtschaftliche Abschwung in Griechenland noch verschlimmern. Damit dürfte das Etatdefizit größer werden – und die Gefahr neuer Unruhen.

Die wirtschaftliche Talfahrt in Griechenland beschleunigt sich – und beschwört die Gefahr schwerer sozialer Unruhen herauf. Im vierten Quartal 2011 brach die Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Vorjahresquartal um sieben Prozent ein. Das meldete am Dienstag die staatliche Statistikbehörde Elstat. Damit ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Griechenland im vergangenen Jahr um 6,8 Prozent geschrumpft – weitaus mehr als die noch im vergangenen Sommer prognostizierten vier Prozent. Seit Beginn der Krise im Jahr 2009 ist Griechenlands BIP damit bereits um 14,6 Prozent zurückgegangen.

In diesem Jahr könnte sich der Abschwung sogar noch weiter beschleunigen. Während der griechische Finanzminister im Haushaltsentwurf für dieses Jahr einen Rückgang des BIP um 2,8 Prozent ansetzt und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ein Minus von drei Prozent erwartet, rechnen die Volkswirte der Economist Intelligence Unit mit einem Rückgang von bis zu sieben Prozent.

Die steile wirtschaftliche Talfahrt des Landes ist ein Ergebnis des strikten Sparkurses, den die Athener Regierung auf Druck der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) steuern muss. Sie stützen das hoch verschuldete Land mit Milliardenkrediten. Höhere Steuern, Lohn- und Rentenkürzungen sowie Abstriche bei den öffentlichen Investitionen entziehen dem Wirtschaftskreislauf immer mehr Geld. Zugleich erschwert die Rezession die Erfüllung der Konsolidierungsziele: Weil die Wirtschaftsleistung stärker zurückgeht als erwartet, steigen die Defizit- und Schuldenquoten. Der Staat muss das durch weitere Einsparungen kompensieren und beschleunigt damit die Talfahrt – ein Teufelskreis.

Das am Sonntagabend auf massivem Druck der EU und des IWF vom Athener Parlament verabschiedete neue Sparprogramm, das dem Land weitere Hilfskredite sichern soll, wird den Griechen neue Einschnitte bescheren. Dabei fordern die internationalen Geldgeber zusätzliche Einsparungen von 325 Millionen Euro. Am Dienstag beriet das Kabinett, wie die Summe eingespart werden kann. Vorschläge dazu muss Finanzminister Evangelos Venizelos am heutigen Mittwoch der Euro-Gruppe vorlegen.

Wegen der Misere ruft Griechenlands stalinistische Kommunistische Partei, die in den Meinungsumfragen stark zulegt, die Bürger bereits offen zur Revolte auf. Auch Manolis Glezos, ein Nationalheld, der im Zweiten Weltkrieg gegen die deutschen Besatzer kämpfte, und der Komponist Mikis Theodorakis propagieren einen „Volksaufstand“. Bei den Unruhen in der Nacht zum Montag waren in Athen fast 50 Gebäude in Flammen aufgegangen. Die Sicherheitsexpertin Mary Bossis von der Universität Piräus befürchtet, dass diese Unruhen lediglich ein Vorgeschmack waren. Der Nachrichtenagentur Reuters sagte die Wissenschaftlerin: „Das war nur der Anfang, es wird noch mehr passieren.“

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