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Politik: Rinderwahn: EU will europaweit BSE-Schnelltest einführen

Eine schrittweise Ausweitung der BSE-Schnelltests in Europa soll das verloren gegangene Vertrauen der Verbraucher wiedergewinnen. Die 15 EU-Landwirtschaftsminister haben nach einer 17-stündigen Ratssitzung am frühen Dienstagmorgen den Vorschlägen der EU-Kommission zugestimmt, im kommenden Jahr europaweit flächendeckende BSE-Tests für Schlachtrinder einzuführen und damit die BSE-Seuche und ihre Risiken in Europa weiter einzudämmen.

Eine schrittweise Ausweitung der BSE-Schnelltests in Europa soll das verloren gegangene Vertrauen der Verbraucher wiedergewinnen. Die 15 EU-Landwirtschaftsminister haben nach einer 17-stündigen Ratssitzung am frühen Dienstagmorgen den Vorschlägen der EU-Kommission zugestimmt, im kommenden Jahr europaweit flächendeckende BSE-Tests für Schlachtrinder einzuführen und damit die BSE-Seuche und ihre Risiken in Europa weiter einzudämmen. "Vom nächsten Jahr an werden die Verbraucher die Sicherheit haben, dass ihr Rindfleisch getestet ist", sagte die verbraucherpolitische Sprecherin der EU-Kommission, Beate Gminder, am Dienstag in Brüssel. Verbraucherverbände und auch der Deutsche Bauernverband begrüßten die Brüsseler Vereinbarungen. Dies schaffe ein Höchstmaß an Sicherheit für den Verbraucher, erklärte der Präsident des Bauernverbands, Gerd Sonnleitner.

Vom 1. Januar nächsten Jahres an werden alle so genannte Risikotiere getestet - vorwiegend kranke, notgeschlachtete Rinder. Vom 1. Juli an müssen dann alle Schlachttiere, die älter als 30 Monate sind, flächendeckend dem BSE-Test unterzogen werden. Bei jüngeren Tieren kann der Erreger nicht festgestellt werden. Außerdem wird die Verfütterung von Tierkadavern an landwirtschaftlich genutzte Tiere verboten. Die europaweiten BSE-Tests in den Schlachthäusern könne man nicht sofort einführen, weil die nationalen Behörden dafür nicht vorbereitet seien, heißt es in Brüssel.

Die EU-Mitgliedstaaten haben am Dienstag im Agrarrat akzeptiert, dass ihnen in Zukunft Veterinäre und Kontrolleure der EU bei der Umsetzung der schon in den vergangenen Jahren beschlossenen EU-Schutzmaßnahmen gegen BSE strenger auf die Finger schauen. Schon seit geraumer Zeit sind in der EU eine ganze Reihe von Maßnahmen in Kraft, die europaweit die Rinderseuche eindämmen. Die wichtigste ist das EU-Verbot von 1996, Tiermehl an Wiederkäuer zu verfüttern. Schlachtabfälle müssen in der EU einem Spezialverfahren zur Desinfektion unterzogen werden. Bestimmtes "Risikomaterial" wie Gehirn, Nervenstränge, Knochenmark dürfen laut Beschluss der EU nicht in die Nahrungsmittelkette gelangen. Ein Überwachungsprogramm der EU soll verhindern, dass "schwarze Schafe" diese Regeln unterlaufen.

Als Folge der nun in Brüssel beschlossenen Ausweitung der BSE-Tests müssen nach Aussage von Bundeslandwirtschaftsminister Funke in Deutschland in den kommenden fünf bis sechs Jahren vermutlich 5,4 Millionen Rinder untersucht werden. Im Bundeslandwirtschaftsministerium, das sich zunächst gegen die europaweite Ausdehnung der BSE-Tests gewehrt hatte, werden die Kosten auf rund 200 Mark pro Test veranschlagt. Die EU-Kommission bekräftigte am Dienstag in Brüssel ihre Absicht, Wege und Mittel zu finden, die Kosten der flächendeckenden BSE-Tests zwischen den Mitgliedsländern und der EU-Kasse zu teilen.

Sowohl der Deutsche Bauernverband als auch die Verbraucherverbände haben am Dienstag die von den EU-Agrarministern beschlossene Ausweitung der BSE Tests begrüßt. Diese flächendeckenden Untersuchungen böten unter den derzeitigen Umständen das "größtmögliche Maß an Sicherheit für den Verbraucher", sagte der Landwirtschaftsexperte der Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen, Dirk Wendland. Auch der Präsident des Deutschen Bauernverbands Gerd Sonnleitner sprach am Dienstag in Bonn von einem "Höchstmaß" an Sicherheit für den Verbraucher.

Derweil geht Frankreich geschwächt aus der BSE-Entscheidung der EU hervor. Zwar versuchte Agrarminister Jean Galvany, die Ergebnisse der Brüsseler Nachtsitzung als Erfolg zu verkaufen: "Wir haben das Wichtigste gerettet", sagte Galvany, "der Geist der Gemeinschaft hat gesiegt". Doch die meisten Franzosen sind enttäuscht. "Wozu ist Europa eigentlich noch gut?" titelte das Boulevardblatt "La Parisien", um zu urteilen: "Die EU-Agrarpolitik ist gescheitert."

Tatsächlich kehrte Galvany mit leeren Händen nach Paris zurück. Er konnte sich weder mit dem Vorschlag durchsetzen, die Verfütterung von Tiermehl in der EU generell zu verbieten. Noch gelang es dem Minister, die wachsende Boykottfront gegen französisches Rindfleisch zu brechen.

Damit tritt die paradoxe Lage ein, daß britisches Beef ungehindert in der EU verkauft werden kann, während französische Rinder - die weitaus weniger von BSE betroffen sind - in Ländern wie Spanien, Italien oder Österreich mit einem Bann belegt werden. Premierminister Lionel Jospin hat sich bereits lautstark über diese "Ungerechtigkeit" beklagt: "Ich bin sprachlos über die Haltung einiger EU-Länder", sagte Jospin.

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