zum Hauptinhalt
Mitt Romney (r.) macht den Republikaner Paul Ryan zu seinem Vize.

© afp

Romney ernennt Ryan: Die USA am Scheideweg

Mitt Romney und sein Vizekandidat Paul Ryan kündigen in brutaler Offenheit Staats- und Sozialabbau an. Die amerikanischen Wähler stehen nun vor einer fundamentalen Richtungsentscheidung.

Im Wahlkampf ist der „Spin“ oft wichtiger als die Fakten. Der Republikaner Mitt Romney benötigt einen „Game changer“, nachdem sein Rückstand auf Barack Obama im Schnitt der Umfragen in den letzten drei Wochen von 1,8 auf 4,8 Prozent gewachsen ist. In der eigenen Partei wurde das Gemurre lauter, er sei auf der Verliererstraße. So hat er die Verkündung des Vizepräsidentschaftskandidaten vorgezogen. Kann Paul Ryans Image die Dynamik wenden?

Ryan hat keine Regierungserfahrung und ist auch kein gereifter Senator mit breiter Kompetenz. Er gehört zu den „Young Guns“: ein energischer Nachwuchsstar. In wenigen Jahren hat er steile Karriere gemacht, dank des Rechtsrucks in seiner Partei und in seinem Heimatstaat Wisconsin. Mit 28 Jahren wurde er in den Kongress gewählt. Jetzt ist er 42 und Vorsitzender des einflussreichen Haushaltsausschusses im Abgeordnetenhaus. Einen Namen hat er sich mit dem Ruf nach einer drastischen Reduzierung der Rolle des Staats gemacht. Viele Aufgaben, die heute über Steuerkassen laufen, darunter die Gesundheitsversorgung der Senioren (Medicare) sowie der Ärmsten, die keine Krankenversicherung bezahlen können (Medicaid), möchte er privatisieren.

Er war der sichtbarste Widersacher Präsident Obamas in den inhaltlichen Debatten um Budget, Verschuldung, Steuersätze und die Kosten der Gesundheitsreform. Die machtpolitischen Entscheidungen – Gesprächsbereitschaft oder Blockadepolitik samt der Drohung, die Regierung durch Finanzierungsverweigerung zur Schließung von Behörden zu zwingen – trafen andere Parteiführer. Der Gegenentwurf zu Obamas Etatplanung aber trägt seinen Namen: „Ryan budget“. Daraus ergeben sich auch Angriffspunkte. Die katholischen Bischöfe der USA lehnen den Etatentwurf des Katholiken Ryan ab, weil es den Kindern und anderen Bedürftigen den Schutz wegnehme.

Romney und Ryan versuchen nicht die Wähler mit schönen Versprechungen zu beruhigen. Sie kündigen in brutaler Offenheit Staats- und Sozialabbau an. Amerika hat die Wahl zwischen zwei Gesellschaftsentwürfen: Mehr Staat oder mehr Eigenverantwortung? Soll Solidarität über Steuerkassen oder über Organisationen der Zivilgesellschaft finanziert werden? Und, da der Staat seit Jahren ungefähr ein Drittel mehr ausgibt, als er einnimmt: Sollen Steuern erhöht oder Aufgaben gestrichen werden? Romney „Wir geben nicht anderen die Schuld. Wir übernehmen Führung.“

Zur Startseite