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Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller und SPD-Fraktionschef Raed Saleh sollen gut miteinander ausgekommen sein.

© dpa

Rot-rot-grüne Koalitionsverhandlungen: Wie hat Müller sich geschlagen?

Berlin soll künftig von einem rot-rot-grünen Bündnis regiert werden. Ihren rund 250 Seiten umfassenden Koalitionsvertrag stellten SPD, Linkspartei und Grüne unter das Motto "Solidarisch. Nachhaltig. Weltoffen". Mancher wünschte sich mehr "Aufbruch".

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Mit dem Koalitionsvertrag können die Sozialdemokraten, soweit es die Grundaussagen und das Regierungsprogramm betrifft, gut leben. Gleich im Vorwort verspricht Rot-Rot-Grün einen „Wandel zum Besseren“ und gelobt, Berlin mit „Gerechtigkeit, Toleranz, Solidarität, ökologischer Verantwortung und Fortschritt“ voranzubringen.

Schöner lässt sich ein linkes Bündnis kaum beschreiben. Erste Reaktionen aus Parteigremien fielen entsprechend wohlwollend aus. Gegrummelt wird aber, wenn das Gespräch auf die sozialdemokratisch zu besetzenden Senatsressorts kommt.

Wenn es nicht noch Überraschungen gibt, hat der Regierende Bürgermeister und SPD-Landeschef, der die Koalitionsverhandlungen für seine Partei führte, auf Kontinuität gesetzt. Dilek Kolat und Sandra Scheeres, Andreas Geisel und Matthias Kollatz-Ahnen bleiben voraussichtlich im Kabinett, auch wenn sie teilweise andere Aufgaben übernehmen.

Angeblich ist Bildungssenatorin Scheeres noch Wackelkandidatin, aber es gibt auch keine belastbaren Informationen, dass sie gehen muss. Erst am 6. Dezember will Müller sein Personaltableau in einer gemeinsamen Sitzung von SPD-Landes- und Fraktionsvorstand offiziell präsentieren.

Einige sprechen vom Müller'schen "Weiter so"

Die sozialdemokratischen Senatsmitglieder als stabilisierender, regierungserfahrener Faktor – so kann man es sehen. In der Landes-SPD gibt es aber auch Genossen, die von einem typisch Müller’schen „Weiter so“ sprechen. Einen politischen Aufbruch, der nach dem Wahlergebnis von 21,6 Prozent angesagt sei, hätte der Berliner Parteichef auch personell untermauern sollen. Hat er aber nicht. Für Senatorin Kolat wurde sogar mit Fantasie und Spucke ein Ressort zusammengestrickt und Stadtentwicklungssenator Geisel mit dem gewichtigen Innenressort getröstet. Scheeres eilt als Bildungssenatorin kein besonders guter Ruf voraus und Finanzsenator Kollatz-Ahnen wird alle Hände voll zu tun haben, um die finanziellen Begehrlichkeiten der drei Regierungspartner unter Kontrolle zu halten. Das einzige Ressort, das wirklich schmückt, liegt mit Wissenschaft und Forschung in Müllers Senatskanzlei.

Der Geschäftsführende Landesvorstand der SPD hatte, mit Blick auf die Koalitionsgespräche, die eigenen Unterhändler aufgefordert, sich für Finanzen und Inneres, Bildung und Stadtentwicklung stark zu machen. Das schwierige Gestaltungsressort Stadtentwicklung, mit Bauen und Wohnen, Verkehr, Planung und Umweltschutz, ging komplett verloren.

Das wird Müller parteiintern noch gut begründen müssen. Ändern wird sich am vereinbarten Ressortzuschnitt aber nichts mehr.
Davon abgesehen ist es den sozialdemokratischen Unterhändlern gelungen, trotz der Rivalität zwischen Parteichef Müller und dem Fraktionschef und Parteilinken Raed Saleh die Koalitionsgespräche mit Linken und Grünen professionell zu führen und mit einer Stimme zu sprechen.

Menschlich gesehen, so hört man von Teilnehmern, sei das Klima in der SPD-Verhandlungsgruppe angenehm gewesen. Von internen Konflikten bekamen die beiden anderen Parteien wenig mit. Ob es in der SPD vorerst friedlich bleibt, wird maßgeblich davon abhängen, ob es dem Regierenden Bürgermeister und SPD Landeschef Müller einserseits und dem Fraktionschef Saleh andererseits gelingt, sich in ihren unterschiedlichen Rollen zu respektieren und nicht gegenseitig das Wasser abzugraben.

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