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Politik: Rotgeld

Der seit zehn Jahren andauernde Rechtsstreit um das Vermögen der früheren Ost-Berliner Firma Novum ist am Dienstag vor dem Oberverwaltungsgericht in Berlin in die zweite Runde gegangen. In dem vorläufig letzten Großverfahren um mutmaßliche SED-Gelder geht es um rund 500 Millionen Mark (255 Millionen Euro).

Der seit zehn Jahren andauernde Rechtsstreit um das Vermögen der früheren Ost-Berliner Firma Novum ist am Dienstag vor dem Oberverwaltungsgericht in Berlin in die zweite Runde gegangen. In dem vorläufig letzten Großverfahren um mutmaßliche SED-Gelder geht es um rund 500 Millionen Mark (255 Millionen Euro). Dieses Geld beansprucht die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS), die es gemeinnützigen Zwecken in den neuen Ländern zur Verfügung stellen will.

Doch das hat bislang eine Geschäftsfrau mit legendärem Ruf verhindert: Kommerzialrätin Rudolfine Steindling aus Wien, letzte Alleingesellschafterin der Novum GmbH. Aufgrund ihrer Klage muss das Oberverwaltungsgericht nun entscheiden, wem die Firma eigentlich zu DDR-Zeiten gehörte: der SED oder der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ). Steindling behauptet, sie habe ihre Novum-Geschäftsanteile treuhänderisch für die KPÖ gehalten. Die BvS dagegen ist davon überzeugt, dass die Novum ein SED-Betrieb war.

Die in Ost-Berlin ansässige Novum war in den knapp 40 Jahren im DDR-Außenhandel vor allem mit österreichischen Firmen tätig und hatte erhebliche Provisionsgewinne erzielt. Als die DDR unterging, hatte Steindlings Novum eine halbe Milliarde Mark in der Kasse. Kurze Zeit später aber gab es vielfältige Kontobewegungen. Etwa 250 Millionen Mark habe die Geschäftsfrau beiseite geschafft, sagte ein BvS-Vertreter am Rande des Verfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht. Deshalb habe die Bundesanstalt eine Schweizer Bank auf Schadensersatz verklagt. Etwa 190 Millionen Mark aus dem Novum-Vermögen hat die BvS sichergestellt.

Über ein halbes Jahr lang hatte das Berliner Verwaltungsgericht 1996 den Streit verhandelt. Am Ende bestätigten die Richter Steindlings Position, wonach es sich bei der Novum um eine KPÖ-Firma handelt. Die BvS hatte damals vor allem zwei notarielle Erklärungen Steindlings als Beweis dafür aufgeführt, dass die Firma doch der SED zuzuordnen sei: Dokumente, in denen Steindling einseitig eine treuhänderische Tätigkeit zu Gunsten der SED-Vermögensholding Zentrag erklärt hatte.

Diese Erklärungen, argumentierten die Steindling-Anwälte, seien "nur zum Schein" abgegeben worden und nie bei der Zentrag angekommen. Deshalb habe es auch keine für eine rechtswirksame Vereinbarung erforderliche Annahme-Erklärung von der anderen Seite gegeben.

Vertreter der BvS aber schlugen einen harten Ton an. Die Klägerin habe in dem Verfahren ein "unlauteres Verhalten an den Tag gelegt", sagte Anwalt Thomas Kunze. Es seien Beweise für eine Verbindung von Novum und SED vernichtet worden. Tatsächlich hatte die Justiz Unterlagen beschlagnahmt, die 1996 noch nicht vorlagen. Daraus gehe eindeutig hervor, dass wesentliche Dokumente vernichtet worden seien, sagte ein BvS-Vertreter. Das Oberverwaltungsgericht hat für den Prozess bislang vier weitere Verhandlungstage bis zum 14. Dezember anberaumt.

Handel und Prozesse - die Geschichte der Novum

Die Novum Handelsgesellschaft mbH wurde im Mai 1951 in Ost-Berlin gegründet. Sie machte Außenhandels-Geschäfte vorwiegend mit österreichischen Firmen. Im April 1983 wurde Rudolfine Steindling aus Wien Alleingesellschafterin der Novum. Bis 1989 machte das Unternehmen hohe Provisionsgewinne und hatte Anfang der 90er Jahre eine halbe Milliarde Mark auf Konten in Österreich und der Schweiz. Die Treuhandanstalt kam 1992 zu dem Schluss, dass die Novum eine SED-Firma sei und ordnete die treuhänderische Verwaltung der Firma an. Steindling klagte dagegen. 1996 urteilte das Berliner Verwaltungsgericht, die Novum sei vielmehr der Kommunistischen Partei Österreichs zuzurechnen. Das Novum-Vermögen gehöre nicht dem Bund. Die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) legte Beschwerde dagegen ein. Ein Jahr später erfuhr die BvS, dass im Novum-Verfahren Dokumente vernichtet wurden. Im Berufungsverfahren soll es am 14. Dezember zum Urteil kommen.

Kerstin Gehrke

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