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Politik: Rudolf Scharping: Riskanter Einsatz

Gleich zwei Namen bekam das Kind am Montag verpasst. Die Nachrichtenagenturen sammelten die publizistisch-politischen Nachwehen des Mallorca-Urlaubs von Rudolf Scharping unter dem Titel "Plansch-Affäre".

Gleich zwei Namen bekam das Kind am Montag verpasst. Die Nachrichtenagenturen sammelten die publizistisch-politischen Nachwehen des Mallorca-Urlaubs von Rudolf Scharping unter dem Titel "Plansch-Affäre". FDP-Chef Guido Westerwelle betitelte die nasse Turtelei des Verteidigungsministers mit seiner Lebensgefährtin Gräfin Pilati als "Schnäbeleien".

Von ganzem Herzen gönne er jedem Kollegen privates Glück, sagte Westerwelle am Montag. Aber bitte nicht so. Nicht per Einladung zur gefühlsseligen Home-Story, während die Bundeswehr sich auf einen gefährlichen Einsatz vorbereite. Nicht durch Wasserspiel-Fotos in "Bunte" und "Spiegel" sowie die Selbsteinschätzung "Aktenhengst - das war ich nie" im "Focus". "Ich bin fassungslos", meinte der FDP-Chef. Die Autorität des Ministers sei gefährdet. In seiner Partei herrsche "Kopfschütteln". So etwas bleibe in der Truppe nicht ohne Wirkung.

Für noch schärfere Töne war die CDU/CSU zuständig. Verteidigungsexperte Paul Breuer veröffentlichte eine Rücktrittsforderung: "Scharping muss seinen Hut nehmen!" Wolfgang Bosbach, der Vize-Fraktionschef, fing mit einer toleranten Einschätzung an: "Man muss auch jünne künne" (gönnen können), meinte er rheinländisch-liberal. Später legte Bosbach nach: "Breuer hat Recht, Scharping soll zurücktreten", sagte er dem Tagesspiegel. "Soldaten haben Anspruch auf einen Verteidigungsminister, der sich gerade in einer so schwierigen Lage rund um die Uhr um ihre Anliegen kümmert. Da darf er nichts anderes im Kopf haben!" Die Verbreitung der Privatfotos sei jedenfalls "Beleg einer unverantwortlichen Haltung".

Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Scharping bereits verschanzt. Er sei konzentriert bei der Arbeit. Und: "Ich bin glücklich. Offenbar können das einige nicht vertragen."

Montag nachmittag wurde die Plansch-Affäre zum Thema der Regierungspressekonferenz. Zur Rücktrittsforderung meinte die stellvertretende Regierungssprecherin: "Die Frage stellt sich nicht." Sie brauche sich bei Kanzler Schröder "keine Befugnis zu holen", um Breuers Forderung zurückzuweisen. Gab es denn eine an Scharping gerichtete Rüge Schröders? "Ich habe keine Kritik gehört."

"In diesem konkreten Falle nicht abgesprochen" sei die Veröffentlichung der Bilder mit der Pressestelle des Ministeriums, erläuterte Detlef Puhl, Scharpings Sprecher. Der seinem Minister nicht bei der Stange bleiben wird. Puhl wechselt zum Marshall-Center in Garmisch-Partenkirchen, wo Führungspersonal der osteuropäischen Nato-Interessenten ausgebildet wird. Als Sprecher folgt ihm der Vize-Chef des Planungsstabes, Franz Borkenhagen. Für diesen rückt Brigadegeneral Günter Weiler nach.

"Lange bevor diese Geschichte virulent geworden ist", sei die Personal-Entscheidung gefallen, versicherte Puhl. Dem es künftig erspart bleibt, Kritik an Scharping zurechtzurücken. Kritik, die auch aus dem Regierungslager kam. "Das eine oder andere Fragezeichen" meldete Grünen-Chef Fritz Kuhn an. "Ich halte das bis zu einem bestimmten Punkt für eine Privatsache." Er und viele Grüne fragten sich indes, ob "der Zeitpunkt und die Art und Weise, in der Scharping sein Glück präsentiert, besonders vernünftig ist".

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