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Bundespräsident Christian Wulff und Noch-Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin.

© dpa

Rückzug aus der Bundesbank: Sarrazin: Wollte Präsidenten nicht beschädigen

Bundesbankvorstand Sarrazin interpretiert seinen Rückzug als Entgegenkommen für Bundespräsident Wulff. Nach einem Zeitungsbericht hat Sarrazin die Bedingungen für seinen Abgang mit dem Präsidialamt ausgehandelt.

Der scheidende Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin wollte mit seinem Rückzug nach eigener Darstellung Druck von Bundespräsident Christian Wulff nehmen. Der wegen seiner Migrations-Thesen umstrittene frühere Berliner Finanzsenator sagte der "Bild"-Zeitung: "Wäre ich stur geblieben, hätte das den Bundespräsidenten - weil er sich so weit vorgewagt hatte - und das Staatsamt beschädigt. Das wollte ich nicht." Er sei Staatsbürger und jahrzehntelang Staatsdiener gewesen und habe niemanden in eine ausweglose Situation treiben wollen.

Eine Abberufung durch Bundespräsident Wulff wäre angreifbar gewesen, sagte Sarrazin: "Wenn ich sage, die überwiegende Rechtsmeinung hätte eine Abberufung als rechtswidrig eingestuft, dann ist das eher eine Untertreibung." Sein Telefon habe vor lauter Verfassungsrechtlern nicht stillgestanden.

Zur Rolle des Bundespräsidialamts beim Sarrazin-Rückzug gibt es derweil widersprüchliche Angaben. Nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" soll das Amt von Bundespräsident Wulff mehr Einfluss auf die Bundesbank genommen haben als eingeräumt. Im Bundespräsidialamt wurde dem aber deutlich widersprochen.

Die Zeitung berichtet, Vertreter Wulffs hätten am vergangenen Mittwoch allein mit Sarrazins Anwalt Stefan Eiden über den Rückzug seines Mandanten aus der Notenbank verhandelt und dessen Bedingungen akzeptiert. Repräsentanten der Bundesbank seien nach Darstellung einer mit dem Vorgang vertrauten Person nicht anwesend gewesen. Von Präsidialamtsseite hätten mindestens drei Vertreter verhandelt. Nach dieser neuen Darstellung aus dem Umfeld der Bundesbank soll selbst der Pressetext, den die Bank am nächsten Tag veröffentlichte, in dieser Sitzung in wesentlichen Teilen diktiert worden sein.

Allerdings habe es am Folgetag ein zweites Treffen gegeben, an dem auch ein Vertreter der Bundesbank teilgenommen habe, schreibt die Zeitung. Dabei sei der Pressetext in einem Punkt geändert worden, nicht aber die anderen Vereinbarungen. Am Wochenende hatte Wulffs Sprecher Olaf Glaeseker dagegen erklärt: "Alle inhaltlichen Vereinbarungen wurden ausschließlich von den Vertragspartnern getroffen." Das Bundespräsidialamt habe lediglich "die Rolle der Mediation im Rahmen rechtlichen Gehörs der Beteiligten übernommen". Die Mitteilung war noch am Donnerstagabend verbreitet worden.

Darin teilte die Notenbank mit, Sarrazin habe den Bundespräsidenten gebeten, ihn von seinem Amt zu entbinden. Gleichzeitig zog die Bundesbank ihren Antrag auf Abberufung Sarrazins sowie ihren Vorwurf zurück, der frühere Berliner Finanzsenator habe dem Image der Bundesbank mit seinen diskriminierenden Äußerungen geschadet.

Die Vorwürfe, sie habe sich die Bedingungen für Sarrazins Rückzug vom Bundespräsidialamt diktieren lassen, wollte die Bundesbank am Mittwoch zunächst nicht kommentieren. "Wir äußern uns zu dem Thema nicht mehr. Wir haben Stillschweigen vereinbart", sagte eine Sprecherin. Insbesondere Bundesbank-Präsident Axel Weber, der als Nachfolger von Europas oberstem Währungshüter Jean-Claude Trichet gehandelt wird, dürfte Interesse an einem baldigen Ende der Debatte haben: Die Notenbank hebt immer wieder ihre vollkommene Unabhängigkeit von der Politik hervor.

Hohe Präsidialamtskreise widersprachen der Darstellung der Zeitung. Demnach sollen bei dem Gespräch sowohl Vertreter Sarrazins als auch der Bundesbank anwesend gewesen sein. Die abschließende Information der Öffentlichkeit sei von beiden Seiten abgestimmt worden, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur in Wulffs Amt. Beide Seiten hätten sich auch ausreichend Zeit genommen, um mit Sarrazin einerseits und der Bundesbank andererseits Rücksprache zu halten. (dpa)

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