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Angelika Beer

© dpa

Rückzug: Ehemalige Parteichefin verlässt Grüne

Die frühere Grünen-Vorsitzende Angelika Beer kehrt ihrer Partei nach 30 Jahren den Rücken: Als einen Grund nannte sie in einer persönlichen Erklärung, dass es den deutschen Grünen "nur noch um das Erringen von Macht" gehe.

Tief enttäuscht und mit Tränen in den Augen ist die ehemalige Bundesvorsitzende der Grünen, Angelika Beer, am Samstag aus ihrer Partei ausgetreten. Beer gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Grünen. Auf dem Landesparteitag von Bündnis 90/Die Grünen in Schleswig-Holstein gab die geborene Kielerin eine „persönliche Erklärung“ ab, in der sie ihren Austritt begründete. Beer war im Januar beim Europaparteitag der Grünen damit gescheitert, sich erneut einen sicheren Listenplatz für das Europaparlament zu sichern.

Sie trat auf mehreren Listenplätzen an, doch ihre Partei ließ sie durchfallen. Für die 51-Jährige endet damit ein Leben als Berufspolitikerin, das vor mehr als 20 Jahren mit ihrer ersten Wahl in den Bundestag begonnen hatte. Beer sagte am Samstag in Bad Oldeslohe, sie habe auch politische Gründe, ihre Partei zu verlassen. So spiele das Thema „Frieden programmatisch kaum noch eine Rolle“. Zudem habe sie „null Verständnis“ dafür, dass es bei den deutschen Grünen „nur noch um das Erringen von Macht geht“. In ihrer Zeit in Brüssel, wo sie seit 2004 Sicherheits- und Außenpolitik machte, habe sie sich mehr und mehr von den deutschen Grünen entfernt. „Natürlich bleibe ich grün – wenn auch ohne Parteibuch“, sagte sie am Samstag. Die Reaktionen im Saal waren eher kritisch. Der schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Robert Habeck kritisierte den Auftritt: „Wer aus persönlichen Gründen austritt, sollte nicht abstrakte politische Gründe vorschieben.“

Angelika Beer gehörte lange zum linken Flügel der Partei. Nachdem der damalige Außenminister Joschka Fischer sie während der Balkankriege nach Bosnien schickte, änderte Beer ihre radikal-pazifistische Position. Fortan vertrat sie die Auffassung, dass schwere Menschenrechtsverletzungen auch mit militärischen Mitteln beendet werden müssten. Parteifreunde geben zu, dass Beer damals von Fischer „benutzt“ worden sei, seine Position in der Partei durchzusetzen. Und Beer habe sich benutzen lassen. Sie warb mit Verve für ihre neue Position, obwohl sie in dieser Zeit in Berlin Opfer eines Messerattentats geworden war. Beer galt bei all ihren Kandidaturen nie als Wunschkandidatin, sondern eher als Notlösung. Fast immer musste sie um ihre Plätze kämpfen, so auch 2004, als sie mit Mühe und Not einen Listenplatz für die Europawahlen ergatterte. Parteichefin war sie 2002 nur geworden, weil den Grünen über eine Abstimmung zur Trennung von Amt und Mandat ihre beiden Vorsitzenden Claudia Roth und Fritz Kuhn über Nacht abhanden gekommen waren. Beide weigerten sich, ihre Mandate zugunsten des Parteivorsitzes aufzugeben. In dieser Situation kandidierte Beer ohne Gegenkandidatin und musste zwei Jahre mit mehr oder minder offener Missachtung leben, bis sie einen Weg nach Brüssel fand.

Die Trauer bei den Grünen dürfte überschaubar sein, auch wenn es immer schmerzt, wenn Gründungsmitglieder der Partei den Rücken kehren. Die Zuneigung für Angelika Beer hielt sich schon lange in Grenzen. 

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