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Rüstung: Moskau will Atomarsenal erneuern

Trotz Krise: Russlands Präsident Dmitri Medwedew kündigt eine Umrüstung des Heeres und der Flotte an. Die Kampfkraft der russischen Streitkräft müsse massiv erhöht werden.

Sinkende Rohstoffpreise hin, gefährdete Sozialprogramme her: Militärisch will Russland sich durch die Krise nicht in die Defensive drängen lassen. „Versuche, die militärische Infrastruktur der Nato in die Nähe der Grenzen unseres Landes zu erweitern, halten an“, sagte Präsident Dmitri Medwedew in Anspielung auf Pläne der USA zur Stationierung von Raketenabwehrstellungen in Osteuropa am Dienstag in Moskau bei einer Sitzung im Verteidigungsministerium. Deshalb müsse die Kampfkraft der russischen Streitkräfte massiv erhöht werden – „vor allem unserer strategischen Atomwaffen“. Ab 2011 werde daher eine „umfassende Umrüstung“ des Heeres und der Flotte beginnen.

Zwar hatte die russische Regierung erst vor einem Monat den Etat der Streitkräfte wegen der Finanzkrise um 15 Prozent zusammengestrichen und weitere Kürzungen nicht ausgeschlossen. Die gegenwärtigen Finanzprobleme, so betonte jedoch Medwedew nun, würden keine Auswirkungen auf die Modernisierungspläne haben.

Das ist ein deutliches Kontrastprogramm zu früheren Äußerungen des Kremlchefs. Sowohl Medwedew als auch Außenminister Sergej Lawrow hatten Andeutungen der neuen US-Administration, wonach das letzte Wort zu Washingtons Raketenabwehr-Plänen noch nicht gesprochen sei, sehr wohlwollend quittiert und Gegenleistungen in Aussicht gestellt – unter anderem den Verzicht auf die Stationierung russischer Kurzstreckenraketen im Raum Kaliningrad.

Dieses Angebot, das den russischen Haushalt ebenfalls um einige Milliarden entlasten würde, steht nach wie vor. Schließlich ist Nachrüstung für Moskau zum gegenwärtigen Zeitpunkt die denkbar schlechteste Alternative. Die Drohung Medwedews dürfte daher nur das letzte Mittel sein, um den US-Präsidenten Barack Obama, den der Kremlchef erstmals am Rande des G-20-Gipfels Anfang April in London trifft, auf neue konkrete Abrüstungsschritte verbindlich festzulegen. Weil die USA von der Krise ähnlich hart gebeutelt werden wie Russland, hofft Moskau dabei auf maximale Kompromissbereitschaft Washingtons.

Russland geht es dabei vor allem um deutlichen niedrigere Obergrenzen bei strategischen Atomwaffen. Sie müssen in einem Folgeabkommen für den Start-I-Vertrag festgeschrieben werden, der zum Jahresende ausläuft. Scheitert eine Einigung, belastet das vor allem Moskaus Kriegskasse. Denn ein Großteil der russischen Atomwaffen stammt noch aus Sowjetzeiten und muss, soll das gegenwärtige Abschreckungspotenzial aufrechterhalten werden, erneuert werden.

Obama weiß um diese Zwänge und will daher mit Medwedew über den gesamten Komplex des russisch-amerikanischen Konfliktpotenzials im Paket verhandeln. Will Russland strategische Nachrüstung und US-amerikanische Raketenabwehr in Osteuropa verhindern, muss Medwedew daher noch einiges als Sahnehäubchen drauflegen – beispielsweise einen Verzicht auf die Erfüllung von Luftabwehr-Lieferabkommen mit dem Iran oder einen Rücktritt von Plänen, syrische Mittelmeerhäfen als Stützpunkte für die russische Kriegsmarine zu nutzen. Washingtons Verbündeter Israel sieht sich durch beide Vorhaben akut gefährdet und versuchte diese bereits mehrfach zu vereiteln.

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