zum Hauptinhalt

Politik: Rüstungsexporte: Streit in der Koalition

Erneut sorgt ein geplanter Rüstungsexport in die Türkei für Unruhe in der rot-grünen Regierungskoalition. Während Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) und Außenminister Joschka Fischer (Grüne) die Lieferung von Teilen für eine Munitionsfabrik verteidigten, äußerten grüne Abgeordnete heftige Kritik.

Erneut sorgt ein geplanter Rüstungsexport in die Türkei für Unruhe in der rot-grünen Regierungskoalition. Während Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) und Außenminister Joschka Fischer (Grüne) die Lieferung von Teilen für eine Munitionsfabrik verteidigten, äußerten grüne Abgeordnete heftige Kritik. Gegenüber dem Tagesspiegel wies die grüne Menschenrechtsexpertin Claudia Roth die Darstellung Müllers zurück, die Genehmigung entspreche den neuen Richtlinien der Regierung für den Rüstungsexport. Dagegen sagte Müller, der Bundessicherheitsrat hätte der Lieferung nicht zugestimmt, wenn dies nicht der Fall wäre.

Der Wirtschaftsminister sagte der "Rheinpfalz", die neuen Richtlinien würden "eisern angewendet". Ähnlich äußerte sich SPD-Verteidigungspolitiker Manfred Opel. Der Bau der Munitionsfabrik sei nötig, weil die Nato für Handfeuerwaffen ein neues Standardkaliber eingeführt habe. Dem müsse das Mitgliedsland Türkei folgen. Kritik wies er als "Einzelstatement" zurück.

Außenminister Fischer warnte seine Partei, sich in Fragen des Rüstungsexports "jedesmal gleich die Hühnerleiter hoch treiben zu lassen". Solche Entscheidungen hätten immer Kompromisscharakter, sagte Fischer. Er verweigerte Einzelheiten unter Verweis auf den vertraulichen Charakter der Beratungen im Bundessicherheitsrat. In Koalitionskreisen hieß es jedoch, wie schon bei der Lieferung eines Leopard-II-Testpanzers an Ankara seien Fischer und Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) überstimmt worden.

Roth wollte gegenüber dem Tagesspiegel auch das Argument nicht gelten lassen, durch eine Vorentscheidung der Regierung Kohl aus dem Jahr 1997 sei die heutige Regierung rechtlich gebunden gewesen. "Im Notfall" müsse man auch bereit sein, Regressionsansprüche zu erfüllen. Angesichts der Menschenrechtssituation in der Türkei sei es mit den Rüstungsexportrichtlinien nicht vereinbar, eine Fabrik zu liefern, deren Produkte im Bürgerkrieg gegen die Kurden eingesetzt werden könnten. Auch die Verteidigungsexpertin der Grünen, Angelika Beer, hatte den Export-Beschluss als "nicht tragbar" bezeichnet.

Unmut gab es bei Abgeordneten der Grünen auch darüber, dass sie von der Entscheidung überrascht wurden. Fraktionschef Rezzo Schlauch hatte dagegen mitteilen lassen, die Fraktionsspitze sei informiert gewesen. Verteidigungspolitikerin Beer meinte, wenn die Regierung denn gebunden gewesen sei, hätte sie mit der Entscheidung offensiver umgehen müssen. Roth bekräftigte die Forderung nach größerer Transparenz und Einbeziehung des Parlaments in Entscheidungen des Bundessicherheitsrates.

Thomas Kröter

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false