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Rüstungsindustrie: Bestellt, aber nicht bezahlt

Griechenland ist ein schwieriger Kunde der deutschen Rüstungsindustrie. Es gibt Querelen bei der Übernahme eines U-Boot durch die Griechen. Angela Merkel wird fliegt heute nach Athen.

Wenn Angela Merkel an diesem Freitag nach Athen kommt, bringt sie zwar nicht viel Zeit mit: Nach einem Dinner im Privathaus ihres griechischen Amtskollegen Kostas Karamanlis fliegt sie schon wieder nach Berlin zurück. Doch unwichtig ist der Besuch nicht, denn Griechenland ist ein wichtiger Handelspartner. Deutsche Umwelttechnik etwa könnte zum Exportschlager werden. Hier hat Griechenland riesigen Nachholbedarf, weshalb die Kanzlerin das Thema ansprechen will.

Ein eifriger Besteller ist Griechenland schon seit Jahrzehnten bei der deutschen Rüstungsindustrie. Die profitiert davon, dass die „Erbfeinde“ und Nato-Partner Griechenland und Türkei trotz politischer Annäherung aufrüsten. Bei den Aufträgen aus dem Athener Verteidigungsministerium müssen sich Lieferanten wie der deutsche Panzerhersteller Krauss- Maffei Wegmann (KMW), der Schiffbauer Thyssen-Krupp oder die deutsch-französische EADS allerdings starker Konkurrenz erwehren. Die Zusammenarbeit im Rüstungssektor ist deshalb ein Dauerthema, wenn griechische und deutsche Regierungschefs zusammentreffen. Diesmal ist das Thema besonders aktuell, denn Griechenland plant große Anschaffungen: Kampfflugzeuge und Fregatten.

Ausgerechnet jetzt aber gibt es Querelen im Rüstungssektor. Die „Papanikolis“ sollte längst schon durch das östliche Mittelmeer tauchen. Stattdessen dümpelt das U-Boot seit April 2004 in den Howaldtswerken in Kiel. Die griechische Marine will es nicht abnehmen. Das Boot der Klasse 214, ausgerüstet mit Brennstoffzellenantrieb, habe schwere Mängel, heißt es. Bei einem Test in der Ostsee habe es die griechischen Offiziere fast umgehauen: 45 Grad Schlagseite habe das Schiff bei Überwasserfahrt in unruhiger See bekommen. Das Argument, ein U-Boot sei in erster Linie für Tauchfahrten gedacht, ließen die Griechen nicht gelten. Zumal es auch mit dem Antrieb hapere, heißt es in Athen.

Der Hersteller Thyssen-Krupp Marine Systems (TKMS) beteuert, das Boot erfülle alle vertraglich zugesicherten Leistungsdaten. Aber die Verhandlungen zwischen TKMS und der Marine sind gescheitert. Seit drei Monaten herrscht Funkstille. Nun verzögert sich nicht nur die Abnahme der „Papanikolis“. Auch das Schicksal von drei weiteren Booten des Typs, die auf der zum Thyssen-Konzern gehörenden Werft Hellenic Shipyards bei Piräus gebaut werden, ist ungewiss. Die griechische Marine hat die Zahlungen an Thyssen-Krupp weitgehend eingestellt. Nach Angaben aus Unternehmenskreisen schulden die Griechen inzwischen fast 400 Millionen Euro.

Auch der Panzerbauer KMW hat Außenstände in Griechenland. Bei KMW bestellte das Athener Verteidigungsministerium 170 Panzer des Typs Leopard 2A6. KMW soll außerdem 130 ältere „Leos“ modernisieren. Doch monierten griechische Experten, bei einem Test habe der Turm des Leo dem Beschuss nicht standgehalten – und stellten die Zahlungen ein. Inzwischen geht es um dreistellige Millionenbeträge. Ein schwacher Trost für die deutschen Rüstungskonzerne ist es, dass auch andere Waffenlieferanten über die schlechte Zahlungsmoral der Griechen klagen, die erst teures Kriegsgerät ordern, um dann festzustellen, dass sie es nicht bezahlen können. So war es schon 2001, als die damalige sozialistische Regierung 60 Eurofighter bestellte. Schon wenige Wochen später wurde der Auftrag wieder auf Eis gelegt – kein Geld.

Dass es Angela Merkel nun in Athen gelingen könnte, die ausstehenden Gelder für TKMS und KWM einzutreiben, ist unwahrscheinlich. In der griechischen Staatskasse herrscht Ebbe. Finanzminister Giorgos Alogoskoufis hat sich verpflichtet, bis 2010 ein ausgeglichenes Budget vorzulegen. Deshalb werden jetzt alle Zahlungen so weit wie möglich gestreckt. „Mängel“ wie das schaukelnde U-Boot oder der angeblich verwundbare Leopard kommen da wie gerufen.

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