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Russland gegen Ukraine: Alle Jahre wieder - die Gas-Krise zum Fest

Tannenbaum und Väterchen Frost, eine Festtafel und der Kultklassiker „Ironie des Schicksals“ sind am Silvesterabend ein Muss in allen UdSSR-Nachfolgestaaten. Seit in der Ukraine eine prowestliche Regierung die Macht übernahm, ist das Festtagsritual um eine Facette reicher: Immer zum Jahresende eskaliert der Energiekrieg, mit dem Monopolist Gasprom Russlands Ex-Vasallen zeigen will, wie begrenzt ihre Souveränität ist.

Bereits mehrfach drehte Moskau zu Beginn des neuen Jahres daher sowohl der Ukraine als auch Weißrussland Öl- und Gashahn zu. Da Russland über beide Staaten gegenwärtig rund vier Fünftel seiner Energieexporte in die EU abwickelt, stoppten Kiew wie Minsk kurzzeitig die Weiterleitung nach Westeuropa. Moskau sollte international als unsicherer Kantonist vorgeführt werden. Gasprom-Konzernsprecher Sergej Kuprianow drohte am Donnerstag, man werde erst dann wieder liefern, wenn Kiew Verträge mit Russland abgeschlossen und seine Außenstände beglichen hat. Die beliefen sich Anfang Dezember auf zwei Milliarden Dollar, Verzugszinsen inklusive.

Zwar hat der ukrainische Importeur Naftagas inzwischen 800 Millionen überwiesen. Moskau dagegen, durch die weltweite Krise selbst in akuten Finanznöten, besteht auf vollständiger Tilgung bis Jahresende. Allein werde die Ukraine, die von der Krise noch härter gebeutelt wird als Russland, das nicht schaffen, fürchtet der Präsident des russischen Industriellenverbandes RSPP, Alexander Schochin. Ähnlich äußerte sich auch Gennadi Schmal vom Verband der Öl- und Gasexporteure: Die EU solle der Ukraine einerseits mit Krediten unter die Arme greifen, andererseits Druck ausüben, damit sie ihren Verpflichtungen nachkommt. Andernfalls könnte es im Winter in europäischen Wohnzimmern fußkalt werden.

Solche Befürchtungen treiben auch ranghohe EU-Politiker um. Russland, so der ständige Vertreter der EU-Kommission in Moskau, müsse mit der Ukraine schnellstmöglich einen Kompromiss aushandeln. Leicht dürfte das nicht werden. Mit sozialverträglichen Preisen ist für Kiew nämlich 2009 endgültig Schluss. Die Staaten der Kaspi-Region, bei denen sich die Ukraine über eine mit Gasprom gebildete Holding bisher billig versorgte, verkaufen ihr Gas ab 1. Januar zu Weltmarktpreisen an Russland. Moskau hatte das selbst angeboten, um „Nabucco“ zu verhindern, eine Gasleitung, mit der sich die EU den Zugriff auf die Vorkommen Zentralasiens sichern will. Unter Umgehung Russlands und zu Dumpingpreisen.

Russland hat kaum Interesse an einem Kompromiss mit der Ukraine. Denn vor allem der Gaskrieg mit Moskau bringt das interne Machtgerangel dort immer wieder auf Touren. Der schwache Präsident Viktor Juschtschenko, schon jetzt im politischen Zweifrontenkrieg gegen den prorussischen Oppositionschef Janukowitsch und Premierministerin Julia Timoschenko, würde ein neues Lieferembargo politisch kaum überleben.

Und der Kreml hätte die Genugtuung eines Beweises, dass westlich orientierte Demokratien auf Russlands ehemaligem Hinterhof mittelfristig weder lebens- noch mehrheitsfähig sind.

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