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Russland: Mord an Politkowskaja muss neu verhandelt werden

Das Oberste Gericht Russlands hat die Freisprüche von drei Männern im Fall der ermordeten russischen Journalistin Politkowskaja aufgehoben. Das Verfahren wird neu aufgerollt.

Das Gericht ordnete die Wiederaufnahme des Verfahrens an. Die Richter seien mit den Freisprüchen nicht einverstanden, meldete die russische Agentur Interfax. Das Oberste Gericht entsprach damit dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft. Die von einer Geschworenen-Jury im Februar getroffenen Freispruch-Entscheidungen seien durch Verfahrensfehler beeinträchtigt gewesen, urteilten die Richter. Der Verteidiger der Angeklagten, Murad Mussajew, soll die Schöffen beeinflusst haben. Mussajew kündigte eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg an.

Der neue Richterbeschluss sorgte auch bei den Angehörigen des Opfers für Unverständnis. Sie äußerten den Verdacht, dass die falschen Angeklagten für die Tat vom Oktober 2006 verurteilt werden sollen.

Die einstigen Arbeitskollegen Politkowskajas von der regierungskritischen Zeitung Nowaja Gaseta kritisierten ebenfalls, dass bis heute der Auftraggeber sowie der Mörder und andere wichtige Helfer nicht gefasst seien. "Im laufenden Prozess, der schon so lange die Öffentlichkeit beschäftigt, geht es nur um Nebenfiguren des Verbrechens", sagte Vize-Chefredakteur Sergej Sokolow dem Radiosender Echo Moskwy nach dem Urteil. "Die Staatsmacht will aus Prinzip jemanden hinter Gitter bringen, egal wen."

Die drei Männer - zwei tschetschenische Brüder und ein ehemaliger Polizist - waren im Februar freigesprochen worden. Die Geschworenen sahen es als nicht erwiesen an, dass die drei Angeklagten an der Ermordung der Regierungskritikerin beteiligt waren. Menschenrechtler hatten die Arbeit der Ermittler kritisiert und die Freisprüche als gerecht bezeichnet.

Die mit internationalen Journalistenpreisen ausgezeichnete Journalistin Politkowskaja war im Oktober 2006 vor ihrer Wohnung in Moskau erschossen worden. Der Mord hatte im Westen einen Sturm der Entrüstung über die mangelnde Pressefreiheit in Russland ausgelöst.

Der Mord an Politkowskaja, die vor allem mit ihren kritischen Berichten über die Tschetschenien-Kriege bekannt geworden war, gilt als politisch motiviertes Verbrechen. Russische Menschenrechtler halten es bis heute für möglich, dass die Täter Verbindungen zum Sicherheitsapparat hatten, für den Politkowskajas Enthüllungen ein Risiko bedeuteten.

ZEIT ONLINE, Reuters, dpa, sp

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