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Wladimir Jewtuschenko gilt als einer der reichsten Männer Russlands.

© Reuters

Russland: Oligarch unter Hausarrest

Dem Chef des russischen Konzerns AFK Sistema wird Geldwäsche vorgeworfen. Chodorkoski sieht Parallelen zu seinem eigenen Schicksal und gibt dem Fall damit einen politischen Anstrich

Moskau - Wladimir Jewtuschenkow, Chef des russischen Mischkonzerns AFK Sistema, steht seit Dienstagabend unter Hausarrest. Der Vorwurf lautet auf Geldwäsche in besonders schwerem Ausmaß. Der Oligarch steht mit einem geschätzten Privatvermögen von neun Milliarden Dollar (sieben Milliarden Euro) auf Rang 15 der Reichen-Liste des US-amerikanischen Wirtschaftsmagazins Forbes. Jewtuschenkow, der 2009 die Mehrheit an dem Ölförderer Baschneft erwarb, wird vorgeworfen, dem damaligem Chef, Ural Rasimow, geholfen zu haben, Teile des Kaufpreises zu „privatisieren“ und später zu legalisieren. Es geht dabei um 209 Milliarden Rubel (4,2 Milliarden Euro). Im Gegenzug habe Rasimow einen „Rabatt“ von 500 Millionen Dollar auf den Kaufpreis gewährt.
Das Ministerium für Staatseigentum der Teilrepublik Baschkirien, das an Baschneft ebenfalls beteiligt ist, hatte aus diesem Grund geklagt und Ende August bei einem Moskauer Gericht die Sperrung der von AFK Sistema erworbenen Aktien erwirkt. Die Fahnder, so der Sprecher der russischen Ermittlungsbehörde, Wladimir Markin, hätten ausreichend Indizien für einen Anfangsverdacht. Sollte er sich bestätigen, drohen dem Beschuldigten sieben Jahre Haft.

Parallelen zu Jukos

Jewtuschenkow selbst bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Diese hätten weder Hand noch Fuß, erklärte auch der Konzern am Dienstag. Die Aktien von AFK Sistema, dessen Anteile auch an westlichen Börsen gehandelt werden, gingen Mittwoch dennoch auf Talfahrt.
Kritische Beobachter ziehen bereits Parallelen zu dem Fall des Ölkonzerns Jukos und dessen Chef Michail Chodorkowski. Der kremlkritische Oligarch hatte die Opposition unterstützt und war den Geschäftsinteressen von Freunden Putins in die Quere gekommen. Angeklagt und verurteilt wurde er wegen Wirtschaftsvergehen, darunter Geldwäsche. Yukos wurde 2007 größtenteils vom dem Staatsunternehmen Rosneft übernommen.
Die Beweislage gegen Chodorkowski war dürftig, internationale Gerichte wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und der Ständige Schiedsgerichtshof in Den Haag erklärten die Urteile in wichtigen Punkten für rechtswidrig und verpflichteten Russland zu milliardenschweren Entschädigungen an die ehemaligen Jukos-Eigner. Chodorkowski wurde Ende vergangenen Jahres von Putin nach jahrelanger Lagerhaft begnadigt und lebt derzeit in der Schweiz.

Chodorkowski vermutet politischen Konflikt

Auch Jewtuschenkow, so vermutet nun Chodorkowski, sei der Konflikt mit einem Putin-Freund zum Verhängnis geworden: Igor Setschin, Chef des staatlichen Ölförderers Rosneft, der über Strohmänner schon die Filetstücke von Jukos zu Dumpingpreisen erworben hatte, sei auch an dem Ölförderer Baschneft interessiert. Jewtuschenkow sei aber mit den Konditionen für einen Weiterverkauf nicht einverstanden gewesen, sagte Chodorkowski der Moskauer Wirtschaftszeitung Wedomosti.
Einen ungünstigeren Moment für die Attacke, warnte er mit Blick auf die Ukraine-Krise, hätte sich indes kaum finden lassen. Auch zeige das Verfahren gegen Jewtuschenkow, dass Präsident Putin offenbar „nicht mehr alles im Griff hat“ und nicht sieht, was „direkt vor seiner Nase“ passiert.
Auch der einflussreiche Unternehmerverband RSPP kritisierte die Vorwürfe als politisch motiviert und verglich den Fall mit dem Schicksal Chodorkowskis. Ein Präsidialamtssprecher wies den Vorwurf umgehend zurück. Der Versuch, dem Fall einen politischen Anstrich zu geben, sei absurd. Elke Windisch

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