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Politik: Russland plant zentrale Polizeibehörde Putin und Medwedew wollen Vorsitz bekommen

Russlands künftiger Präsident hat sein erstes großes Interview der „Financial Times“ gegeben – und die russischen Medien empörten sich. Schließlich, so die Begründung, sei Dmitri Medwedew von den Russen und nicht von den Briten gewählt worden.

Russlands künftiger Präsident hat sein erstes großes Interview der „Financial Times“ gegeben – und die russischen Medien empörten sich. Schließlich, so die Begründung, sei Dmitri Medwedew von den Russen und nicht von den Briten gewählt worden. Inzwischen ist der Zorn weitgehend verflogen. Selbst diejenigen, die nicht nur die am gleichen Tag erschienene russische Übersetzung, sondern das Original im Internet studierten, konnten sich ein weiteres Mal davon überzeugen, dass der neue Kremlherrscher sich auch von der Westpresse nichts Konkretes oder Neues entlocken lässt.

Dabei wartet die Nation seit Wochen auf klare Indizien zur künftigen Konfiguration der russischen Macht. Denn Befürchtungen, wonach Interessenkonflikte im Tandem Medwedew-Putin programmiert sind, konnte bisher weder der scheidende noch der künftige Präsident in Erklärungen ausräumen. Die erste Zerreißprobe bahnt sich dabei womöglich schon vor der Übergabe von Kremlschlüssel und Atomkoffer an. Es geht um eine nach dem Vorbild des US-amerikanischen FBI organisierte zentrale Ermittlungsbehörde und damit auch um die künftige Rolle der Geheimdienste als deren Kernstück. Um deren Format, vor allem aber darum, wem sie künftig unterstellt ist – dem Präsidenten oder dem Premier –, gibt es Streit.

Gegenwärtig leistet Russland sich sechs mehr oder minder selbstständige Ermittlungsbehörden. Sie sind der Generalstaatsanwaltschaft, der Obersten Militärstaatsanwaltschaft, dem Innenministerium, dem Inlandsgeheimdienst FSB, der nationalen Drogenbehörde sowie der Zollverwaltung angegliedert. Im Herbst sollen sie in einer übergeordneten Behörde zusammengefasst und diese dem Premier unterstellt werden. Bisher scheiterte das Vorhaben am Widerstand einflussreicher Figuren in Putins Umgebung. Darunter waren Intimfeinde Medwedews wie Geheimdienstchef Nikolaj Patruschew und der Leiter der Drogenbehörde, Viktor Tscherkesow. Ausgerechnet er ist jetzt als Chef der neuen Behörde und des FSB im Gespräch.

Mit der Ernennung von Tscherkesow im Besonderen und der Reform im Allgemeinen, so der Kolumnist Ilja Barabanow beim russischen Dienst von Radio Liberty, wolle Putin sicherstellen, dass er auch künftig die Kontrolle über die Geheimdienste behält. Denn laut Grundgesetz unterstehen sie dem Präsidenten und damit Medwedew. Dieser machte zwar in seinem Interview für die Financial Times nochmals klar, dass der Präsident das Machtzentrum Russlands bleibe. Beobachter haben allerdings Zweifel, ob Medwedew auch die dazu nötigen Hilfstruppen hinter sich bringen kann.

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