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Streng bewacht. Vor der Militärbasis der ukrainischen Streitkräfte in Perewalnoje auf der Krim steht ein Bewaffneter, der offenbar zur russischen Armee gehört. Seit Tagen werden die ukrainischen Stützpunkte auf der Krim von Russen blockiert.

© Reuters

Russland und die Krim: Vorbereitung für den Anschluss

Die Krim hat die neue Macht in Kiew nicht anerkannt. Nun stimmten Abgeordnete dafür, dass die Halbinsel künftig zu Russland gehört – die Bürger sollen dies nur noch abnicken.

Das Parlament der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim richtete am Donnerstag einstimmig einen Appell an den russischen Präsidenten Wladimir Putin. „Der Oberste Rat der Autonomen Republik Krim appelliert an den Präsidenten und die Föderationsversammlung (das Parlament) der Russischen Föderation, das Verfahren für eine Aufnahme der Krim in die Russische Föderation zu beginnen“, heißt es darin. Die Krim gehörte bis 1954 zu Russland, dann „schenkte“ Parteichef Nikita Chruschtschow sie der ukrainischen Sowjetrepublik – als Dank für die Unterstützung der dortigen KP beim Gerangel um die Stalin-Nachfolge.

Der Anschluss erlange mit der Beschlussfassung Rechtskraft, sagte der Vorsitzende des Krim-Parlaments, Wladimir Konstantinow, der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti. Die endgültige Entscheidung bleibe jedoch dem Volk überlassen. Die Krim soll in einem Referendum über den künftigen politischen Status der Halbinsel abstimmen. Zunächst sollte der Volksentscheid am 25. Mai stattfinden, als die Situation am Wochenende eskalierte, wurde er auf den 30. März und am Donnerstag nun sogar auf den 16. März vorverlegt.

Übergangspräsident Alexander Turtschinow nannte das Vorhaben einer Volksabstimmung in einer Rede an die Nation am Donnerstagabend „eine Farce und ein von der russischen Armee begangenes Verbrechen gegen die Ukraine“. Turtschinow kündigte an, die Auflösung des Krim-Parlaments einzuleiten.

Krim erkennt neue Macht in Kiew nicht an

Die Krim hat die neue Macht in Kiew nicht anerkannt. Bei Protesten gingen Tausende auf die Straße. Putin ließ sich daraufhin vom Senat in Moskau den Einmarsch eines „begrenzten Kontingents“ – es war dieselbe Formulierung wie bei der Afghanistan-Intervention der Sowjetunion 1979 – genehmigen, um, so die Begründung, die russischsprachige Bevölkerung und Bürger Russlands zu schützen.

Auf der Krim ist die russische Schwarzmeerflotte stationiert. Russische Medien berichten, inzwischen seien „tausende ukrainische Soldaten“ auf die Seite der Krim-Regierung gewechselt, die Ukraine bestreitet das. Sergej Aksjonow, Chef der Krim-Regierung, ist indes nur unzulänglich legitimiert. Bei den letzten Wahlen fuhr seine Partei nicht einmal fünf Prozent ein.

Moskau dagegen erklärte die Übergangsregierung in Kiew für unzureichend legitimiert. Diese pocht auf territoriale Integrität der Ukraine und wird dabei von Europa und den USA unterstützt. Gerade das bringt die Mehrheit der Russen auf, denn Putins Demonstration der Stärke stößt derzeit nur bei wenigen auf Ablehnung. Fast die Hälfte aller Russen will nicht nur die Planwirtschaft, sondern auch das politische System der Sowjetunion wiederhaben. Das ergaben jüngste Umfragen des kritischen Lewada-Zentrums. Noch konservativer sind die Russen auf der Krim.

Moskau prüft bereits, wie sie die Krim finanziell unterstützen kann

Die Duma, das russische Parlament, müsste den Anschluss der Krim genehmigen. Sie will ihre Position zwar erst nach dem Referendum endgültig bestimmen. Doch Putin, der am Dienstag noch erklärt hatte, Russland denke nicht an einen Anschluss der Krim, hievte das Thema bereits auf die Tagung des Nationalen Sicherheitsrates. Russischsprachige Bürger stellen knapp 60 Prozent der Krim-Bevölkerung. Das könnte für die Anschluss-Entscheidung beim Referendum mehr als ausreichend sein. Doch je höher der Anteil der Ja-Stimmen, desto größer auch die Strahlkraft für andere ukrainische Regionen mit überwiegend russischsprachiger Bevölkerung. Drei haben – einen positiven Entscheid beim Referendum vorausgesetzt – Interesse an einem „Beitritt zur Republik Krim“ signalisiert.

Die Zentralregierung in Moskau prüft bereits, wie sie die Krim, deren Haushaltsdefizit sich derzeit auf umgerechnet eine Milliarde US-Dollar beläuft, unterstützen kann. Mindestens 60 Milliarden Rubel (1,2 Milliarden Euro) soll allein die neue Brücke über die Straße von Kertsch kosten, die die von der Ukraine umschlossene Halbinsel mit der südrussischen Region Krasnodar verbinden soll.

Der Chef der ukrainischen Übergangsregierung, Arseni Jazenjuk, hat den Versuch des Krim-Parlaments verurteilt, die ukrainische Halbinsel zu einem Teil Russlands zu machen. „Das ist eine unrechtmäßige Entscheidung“, sagte Jazenjuk am Donnerstag beim EU-Sondergipfel zur Ukraine-Krise in Brüssel. „Wir drängen die russische Regierung, diejenigen nicht zu unterstützen, die für Separatismus werben.“ Oppositionspolitiker Vitali Klitschko hat die Abspaltungsbemühungen als „Provokation und Verfassungsverstoß“ kritisiert.„Die Ukraine muss ein unabhängiges Land sein“, sagte er.

Die EU-Staats- und Regierungschefs verurteilten das geplante Referendum als „nicht mit der ukrainischen Verfassung vereinbar“. Obama stufte den Referendumsplan als Bruch internationalen Rechts ein. (mit AFP)

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