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Politik: Russland verstärkt Druck auf Georgien

Nun auch Erhöhung der Gaspreise im Gespräch / Experten: Hintergrund des Konflikts sind die Nato-Ambitionen der Regierung in Tiflis

Der Konflikt zwischen Russland und Georgien spitzt sich zu. Während Georgiens Staatschef Michail Saakaschwili am Donnerstag seine kompromisslose Haltung gegenüber dem nördlichen Nachbarland bekräftigte, wurde auf der Gegenseite der Druck erhöht: Die russische Einwanderungsbehörde kündigte an, die Vergabe von Aufenthalts- und Arbeitserlaubnissen für in Russland lebende Georgier zu erschweren. Der georgische Botschafter beim Europarat beklagte zunehmende Repressalien gegen Georgier in Russland. Gleichzeitig ließ der Chef des größten georgischen Gasimporteurs Energy Invest durchsickern, der russische Energiemonopolist Gasprom habe für Georgien eine Erhöhung der Gaspreise in Aussicht gestellt. Damit will sich Russland offenbar erneut eines wirtschaftspolitischen Druckmittels bedienen, das Moskau schon vor knapp einem Jahr im Streit mit der Ukraine eingesetzt hatte.

Den Einsatz militärischer Gewalt, den am Mittwoch der russische Parlamentsvorsitzende Boris Gryslow angedeutet hatte, schloss Vize-Außenminister Alexander Jakowenko inzwischen ausdrücklich aus. Doch schon die Blockierung sämtlicher Verkehrs- und Postverbindungen und die geplanten Einschränkungen von Finanztransfers zwischen Russland und Georgien stellen eine ernsthafte Bedrohung für das wirtschaftlich schwächere Nachbarland dar.

Ausgelöst hatte den Konflikt die Verhaftung von vier russischen Offizieren in Georgien. Gernot Erler (SPD), Staatsminister im Auswärtigen Amt, zeigte sich am Donnerstag verwundert, „dass ein solcher Vorfall nicht gelöst wurde wie anderswo auch, nämlich diskret“. Es liege nahe, dass Saakaschwili „ein Kalkül“ verfolge, sagte Erler dem Tagesspiegel. Das glaubt auch Russland-Experte Alexander Rahr von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik: Er sieht die eigentliche Ursache der Auseinandersetzung in den georgischen Nato-Ambitionen. Die von den USA befürwortete Aufnahme Georgiens löse in Russland große Besorgnis aus: „Es geht um geopolitische Verschiebungen im postsowjetischen Raum, die Russland verhindern will.“ Gleichzeitig habe auch Saakaschwili ein Interesse an der Auseinandersetzung, vermutet Rahr: Um die Nato-Integration seines Landes voranzutreiben, wolle der georgische Staatschef die Bedrohungslage durch Russland gegenüber den westlichen Partnern möglichst glaubhaft darstellen. Rahr hält diese Taktik für äußerst gewagt: „Saakaschwili spielt mit dem Feuer.“

Nach Ansicht des Russlandexperten hängt der Zeitpunkt der Eskalation auch mit den Verhandlungen über den Kosovo zusammen: Saakaschwili befürchte, dass eine Autonomie der serbischen Enklave Signalwirkung für die abtrünnigen georgischen Republiken Abchasien und Südossetien haben könnte. Die beiden Regionen hatten sich Anfang der 90er Jahre von Georgien losgesagt und sind international nicht anerkannt. Russland stationierte während der Sezessionskriege in beiden Gebieten Schutztruppen, die bis heute nicht abgezogen wurden. Teile der russischen Führung propagieren offen den Anschluss beider Regionen an die russische Föderation. Saakaschwili dagegen wirbt seit seiner Machtübernahme vor drei Jahren für ihre Rückführung in den Gewaltbereich der Zentralmacht.

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