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Politik: Rybkin ist wieder da

Der Präsidentschaftskandidat taucht auf – bei Freunden in Kiew

Moskau. Was auf manchen wie eine Rache des Kremls wirkte, schien am Dienstag zunächst nur die Sehnsucht nach „zwei, drei Tagen Privatleben“ gewesen zu sein: Der über fünf Tage vermisste russische Präsidentschaftskandidat Iwan Rybkin (57) ist am Dienstag unversehrt wieder aufgetaucht. Er habe sich in Kiew bei Freunden von der Aufregung um seine Kritik an Präsident Wladimir Putin erholt, sagte Rybkin in einem Interview am Nachmittag in Kiew. Den Wirbel um sein Verschwinden habe er nicht bemerkt: „Ich hatte mein Mobiltelefon ausgeschaltet und kein Fernsehen geschaut.“

Als er am Abend nach Moskau zurückgekehrt war, klang er bereits anders. Rybkin machte nur noch Andeutungen über die Gründe seines Verschwindens und sprach von der „schlimmsten Zeit seiner Politikerkarriere“. Ohne ein Lebenszeichen war Rybkin am Donnerstag aus seiner Wohnung in Moskau verschwunden. Hatte Putin seinem Widersacher einen Denkzettel verpassen lassen, nachdem Rybkin den Präsidenten als „korrupt“ und dessen Tschetschenien-Politik als „Staatsverbrechen“ bezeichnet hatte?

Anlass zur Sorge bestand allemal. In den vergangenen zehn Jahren wurden zehn Duma-Abgeordnete ermordet. Die Staatsanwaltschaft ermittelte vorübergehend wegen Mordes. Den richtigen Riecher hatte ein Abgeordneter des ukrainischen Parlaments am Dienstagnachmittag. Wieso herrsche solche Aufregung in Moskau um Rybkin, wenn man ihn doch täglich im Hotel Ukraina in Kiew sehen könne, fragte der Mann. Kurze Zeit später meldete sich Rybkin bei seiner Familie.

Ob sich das vermeintliche politische Drama nun als die alte Geschichte von dem Mann, der vom Zigarettenholen nicht mehr heimkehrt, entpuppt, bleibt abzuwarten. Direkt nach seiner Entdeckung in Kiew hatte er gesagt: „Ich habe meine Frau, die sich um die Enkelkinder kümmert, zurückgelassen und auch das Obst und das Geld. Ohne ein Wort an sie habe ich mein Jackett gewechselt, mich in den Zug gesetzt und bin nach Kiew gefahren.“ Vor seinem Verschwinden lag Rybkin in Umfragen bei einem Prozent der Stimmen. In Moskau gilt es als ausgeschlossen, dass sein Resultat bei der Wahl am 14. März nun besser sein wird.

Stefan Voß[dpa]

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