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Politik: Saar-Genossen wollen dem Ex-Finanzminister politische Zurückhaltung auferlegen

Für die meisten saarländischen Genossen war die Sache mit Oskar schon am Samstag, zu Beginn ihres Landesparteitags, so gut wie abgehakt: "Normalisierung" hieß die offizielle Sprachregelung, ein Runterschalten der Spannung, die herrschte, seit der frühere Star von der Saar, Ex-Ministerpräsident und Ex-Landesvorsitzender, am 11. März 1999 Knall auf Fall auch zum Ex-Finanzminister und Ex-Bundesvorsitzenden geworden war.

Für die meisten saarländischen Genossen war die Sache mit Oskar schon am Samstag, zu Beginn ihres Landesparteitags, so gut wie abgehakt: "Normalisierung" hieß die offizielle Sprachregelung, ein Runterschalten der Spannung, die herrschte, seit der frühere Star von der Saar, Ex-Ministerpräsident und Ex-Landesvorsitzender, am 11. März 1999 Knall auf Fall auch zum Ex-Finanzminister und Ex-Bundesvorsitzenden geworden war. Und es war klar, dass die Vokabel von der Normalisierung auch eine Grenze ziehen sollte: Guter Umgang mit dir, lieber Oskar, keine Ächtung, aber auch keine neue schöne Rolle in der Partei.

Spannend blieb da freilich noch, was Lafontaine selbst zu seiner Zukunft sagen würde. In den letzten Wochen hatte er das Ende seines freiwilligen Vorruhestands angedeutet, davon gesprochen, das man "irgendwann wieder einsteigt". Sogar von Ämtern war wieder die Rede. Und dann bleibt diese Überraschung aus, und er erfreut das Publikum mit einer anderen: Lafontaine, der oft Selbstherrliche, Arrogante, er entschuldigt sich: "Natürlich ist mein Rücktritt auch eine Ursache für die Wahlniederlagen des letzten Jahres. Ich habe einiges falsch eingeschätzt. Das tut mir leid. Dafür entschuldige ich mich in aller Form, nicht nur bei euch, sondern auch bei den anderen Landesverbänden, die negative Wahlergebnisse hatten."

Das sei doch sehr deutlich gewesen, meint später bei der Aussprache ein Delegierter, "erst recht für seine Verhältnisse." Deutlich, aber auch deutlich knapper als das, was folgt. Obwohl Lafontaine verspricht, er wolle nur erläutern, "was in mir vorgegangen ist", folgt auf die Demutsgeste vor der Partei die Abrechnung, die aus seinem Buch und vielen Interviews auch im Parteitagssaal in Schiffweiler den meisten bekannt sein dürfte: Wie es war mit dem "schlechten Mannschaftsspiel" im Kabinett Schröder, das ihn zum Rücktritt gezwungen habe, wie über die Presse "dauernd durchgestochen" worden sei, dass Schröder seine Verabredungen aus der Zeit vor der Wahl "aus meiner Sicht nicht eingehalten" habe. Applaus bekommt Lafontaine noch für seine temperamentvollen Sätze gegen die "himmelschreiende Ungerechtigkeit", dass es "auf Geldbesitz 30 bis 40 Prozent Rendite im Jahr" gebe, während die Arbeitnehmer sich mit ein bis zwei Tarifprozentpunkten mehr zufrieden geben müssten.

Doch dann beginnt der frühere Superfinanzminister wieder von der "Weltfinanzarchitektur" zu sprechen, davon, dass die "Herrschaft der Weltfinanzmärkte" die Welt auf den Kopf gestellt habe und dass es ohne Veränderungen - noch einmal - der "Weltfinanzarchitektur keine sozial gerechte Politik mehr geben" werde. Da herrscht Schweigen im Saal, nicht das eisige Schweigen Andersgläubiger, sondern ein betretenes Schweigen. Jo Leinen, vor vielen Jahren Lafontaines Umweltminister und heute Abgeordneter im Europaparlament, spricht aus, was viele denken: "Lieber Oskar, das hätten wir gern von dir als Finanzminister gehört. Als Privatmann hat das leider nicht mehr den selben Stellenwert."

Den Achtungsbeifall, den Lafontaine bekam, als er aufs Podium kletterte, er wird als Schlussapplaus nicht lauter, obwohl er seine Rede mit einem Angebot beschließt: Was falsch gelaufen sei, müsse man wieder in die richtige Richtung bringen. "Lasst uns dafür arbeiten, ich bin dazu bereit." Die standing ovations hat der Parteitag zuvor dem 33 Jahre jungen Landtagsfraktionschef Heiko Maas spendiert. Sie gelten offensichtlich keinem großen Redner, sondern einem, der einen neuen Anfang für die Saar-SPD erhoffen lässt. Und da ist für Oskar Lafontaine, den es so offensichtlich reizt, ja drängt, wieder mitzuspielen, bestenfalls ein nicht näher eingezeichnetes Plätzchen als freier Berater vorgesehen. "Freelancer" hat es sein Nachfolger als Landeschef und Ministerpräsident, Verkehrsminister Reinhard Klimmt am Vortag genannt. Ottmar Schreiner, von Schröder geschasster Bundesgeschäftsführer fasst es in Fußballmetaphern. Es könne ja nicht nur Mittelstürmer in der Partei geben, Oskar zum Beispiel könne lange Pässe schlagen. Jo Leinen sagt es etwas deutlicher: "Oskar, arbeite mit, aber in der gebührenden Zurückhaltung. Der Papst kann nicht zurücktreten und als Pfarrer wieder anfangen."

Andrea Dernbach Schiffweiler

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