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Bullerjahn Böhmer

© dpa

Sachsen-Anhalt: Zur Halbzeit keine Trainerschelte

In Sachsen-Anhalt agiert Schwarz-Rot seit zweieinhalb Jahren unauffällig, aber nachhaltig. Das liegt vor allem an Ministerpräsident Wolfgang Böhmer und seinem Juniorpartner Jens Bullerjahn von der SPD. Doch was kommt nach der Ära Böhmer?

Von Matthias Schlegel

Als sei dieses Land Sachsen-Anhalt nie anders regiert worden - diesen Eindruck könnte man gewinnen, wenn die beiden Protagonisten von Schwarz-Rot, Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) und Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD), die Halbzeitbilanz ihrer Regierung vorstellen. War nicht einst in Magdeburg die Ära rot-roter Bündnisse in Deutschland mit einer abenteuerlichen Tolerierungsabsprache eingeleitet worden? Hatte nicht einst jener Jens Bullerjahn hinter den Kulissen die Strippen mit den Linken gezogen, damit vorn an der Rampe SPD-Regierungschef Reinhard Höppner heile Welt mimen konnte?

Jetzt sitzen Böhmer und Bullerjahn wie der altersweise Meister und sein gelehriger Schüler da vorn und singen das Hohelied der großen Koalition, die den Namen eigentlich nicht verdient, weil es ein Bündnis des Erst- mit dem Drittplatzierten der Landtagswahl von 2006 war.

In Magdeburg ist seit zweieinhalb Jahren solide Politik gemacht worden. Dass das von beiden Seiten einst ungeliebte Koalitionsmodell so geräuschlos über die Bühne geht, hat viel mit diesen beiden Männern zu tun - dem unangefochtenen Landesvater und dem fleißigen, pragmatischen Juniorpartner. Die Zahl der Arbeitslosen ist seit Beginn der Legislaturperiode um 100 000 zurückgegangen. Heute gibt es 38 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mehr im Land als 2006. Sachsen-Anhalt war eines der ersten Bundesländer, die keine neuen Schulden aufgenommen haben. Und weil mit Bullerjahn einer in die schwarz-rote Regierung einzog, der schon um die Jahrtausendwende an Konzepten feilte fürs nächste halbe Jahrhundert, hatte Böhmer von Beginn an einen Mitstreiter an seiner Seite, der über Nichtrauchergesetz und Hundehalterverordnung hinausdachte - auch in die Sphären des demografischen Wandels.

Wenn die Strukturen in der Landesverwaltung, in Justiz und Polizei sowie die kommunale Gliederung zukunftsfähig gemacht werden sollen, müssen die abschmelzenden ländlichen Regionen, der Aderlass an jungen Landeskindern, der starke prozentuale Zuwachs an Rentnerjahrgängen schon mitbedacht werden. Die Etappenziele in der Finanzplanung sind gesteckt: Bis 2012 soll die Schuldenlast des Landes um fast 500 Millionen Euro gesenkt werden. Bis 2025 sollen die Schulden von jetzt 20 Milliarden Euro auf 16 Milliarden Euro abgeschmolzen sein, bis 2050 will das Land schuldenfrei sein.

Schwarz-rote Kontinuität auch nach der Wahl 2011 könnten sich Böhmer und Bullerjahn gut vorstellen. Doch machen sie sich keine Illusionen: Der Wahlkampf wird ab 2010 auch in diese vermeintliche großkoalitionäre Idylle einbrechen. Schon jetzt piesackt Böhmer den SPD- Mann immer mal wieder damit, dass die CDU nach wie vor eine bürgerliche Mehrheit mit der FDP anstrebe. Bullerjahn kontert, dass die SPD angesichts dessen einfältig wäre, wenn sie nicht auch ein rot-rotes Bündnis als Alternative zu Schwarz-Rot ins Auge fasste. Nur eines schließt er aus: Juniorpartner der Linkspartei zu werden.

Dass all das Koalitionsgerangel dann ohne den heute 72-jährigen Böhmer stattfindet, steht fest. Ob er Wirtschaftsminister Reiner Haseloff, der den Generationswechsel verkörpert, oder den alten Kämpen Bau- und Verkehrsminister Karl- Heinz Daehre, der fest in der Partei verwurzelt ist, als Spitzenkandidat ins Rennen schickt, ist offen. Und auf SPD-Seite wird sich Bullerjahn mit dem alerten Innenminister Holger Hövelmann um die Spitzenkandidatur streiten müssen. Der SPD-Landeschef hat trotz mancher Polizeiaffäre und rechtsextremistischer Vorfälle starken Rückhalt in der Partei.

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