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Politik: Sachsen: Die Quasi-Amtsperson

Einen "Kanal des Bürgers zum Freistaat" nennt der Hamburger Rechtsprofessor Ulrich Karpen das "Büro Ingrid Biedenkopf" in Sachsen. An der Rechtsmäßigkeit des Büros hat er keinen Zweifel.

Einen "Kanal des Bürgers zum Freistaat" nennt der Hamburger Rechtsprofessor Ulrich Karpen das "Büro Ingrid Biedenkopf" in Sachsen. An der Rechtsmäßigkeit des Büros hat er keinen Zweifel. Im Gegenteil beneidet er die Sachsen geradezu.

Das Büro der Ministerpräsidentengattin in der Sächsischen Staatskanzlei war bereits 1994 eingerichtet worden und gilt als "Kummerkasten" der Sachsen. Die Unterhaltung dieses Büros ließ sich der der Freistaat im vergangenen Jahr 35 000 Mark kosten, zuzüglich 198 000 Mark an Personalkosten für drei Mitarbeiter, die in diesem Jahr auf knapp 209 000 Mark steigen werden. Für die Opposition war jenes Büro schon mehrfach Anlass heftiger Attacken. Das Petitionswesen sei durch den Petitionsausschuss des Landtages und die Stabstelle für Bürgeranliegen in der Staatskanzlei klar geregelt, heißt es. Es wird gemutmaßt, dass die Gattin des Ministerpräsidenten durch Invervention Einfluss auf Entscheidungen von Behörden genommen hat, wie etwa beim Bau des Behördenzentrums in Grimma. Der Ministerpräsident selbst hat Kritikern stets widersprochen. Seine Frau habe rund 30 000 Petitionen bearbeitet, die Sachsen seien ihr dankbar. Das Büro sei schon deshalb rechtmäßig, weil der Landtag ihr den entsprechenden Haushaltstitel genehmigt habe.

Rückenwind bekam Biedenkopf nun durch eine Anhörung vor der Verfassungs- und Rechtsausschuss des Landtages. Dabei waren sich der Hamburger Rechtsprofessor Karpen und der Rektor der Fachhochschule für Sächsische Verwaltung in Meißen, Peter Musall, einig. Die Einrichtung eines solchen Büros sei nach sächsischer Rechtslage durch die Organisationshoheit des Ministerpräsidenten gedeckt. Ingrid Biedenkopf werde als "Quasi-Amtsperson" tätig, ihre Tätigkeit sei hoheitliches Handeln.

Nur der dritte der geladenen Experten, der Dresdner Rechtsanwalt Ralf Lunau, sagte, für ihn gibt es in einem republikanischen Staat keine Einrichtung, die an eine Person gebunden sei. Ingrid Biedenkopf sei eine Privatperson, keine Angestellte des Freistaates, gehöre keinem Verfassungsorgan an, eine Kontrolle sei mithin nicht in vollem Umfang möglich. Die PDS prüft nun einen Gang vor das Landesverfassungsgericht, um die Verfassungsmäßigkeit des "Büros Ingrid Biedenkopf" richterlich klären zu lassen.

Ralf Hübner

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