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Saddam-Urteil: Geheimdienste befürchten erhöhte Anschlagsgefahr

Nach dem Todesurteil gegen Iraks Ex-Machthaber Saddam Hussein wächst nach Ansicht von Geheimdiensten auch in Deutschland die Terrorgefahr. Zahlreiche "Kämpfer" könnten nun "Rache für Hussein" nehmen, hieß es.

Berlin - "In erster Linie sind natürlich jetzt die Amerikaner wegen ihres immer schlimmer ausufernden Krieges im Irak in Gefahr", sagte ein Vertreter eines deutschen Nachrichtendienstes.

Aus Deutschland rekrutierten sich zahlreiche "Kämpfer" für den Krieg gegen die US-Truppen im Irak. Aus dieser "Gemengelage" heraus könnten sich mögliche Attentäter wegen des Todesurteils gegen einen früheren Führer eines Landes im arabischen Raum zu Attentaten auf deutsche Ziele unter dem Motto "Rache für Hussein" entschließen, war aus Sicherheitskreisen zu erfahren.

Tod durch Erhängen besonders "ehrabschneidend"

Erschwerend wird von den Geheimdiensten bewertet, dass Saddam zum Tod durch Erhängen verurteilt wurde. Diese Hinrichtungsart gelte gerade bei Arabern als "besonders ehrabschneidend". Auch dies werde möglicherweise zu "Racheakten" nicht nur im Irak und den Vereinigten Staaten, sondern auch in europäischen Ländern führen. Saddam hatte erklärt, er wolle "in Ehren und ohne Furcht durch Erschießen sterben, nicht wie ein Krimineller durch Erhängen".

Der Ex-Diktator hatte aus seinem Gefängnis heraus seine Landsleute ermahnt, den Krieg gegen Amerikaner, Briten und die jetzige Regierung weiter zu verstärken. In dem ersten Prozess gegen Saddam ging es um die Hinrichtung von 148 Schiiten in der Kleinstadt Dudschail im Jahr 1982. Gegen Saddam läuft noch ein zweiter Prozess wegen Völkermordes an den Kurden. Nach der Urteilsverkündung rief Saddam aus: "Es lebe das Volk" und "Allahu akbar", "Gott ist groß" und begann aus dem Koran zu rezitieren.

Proteste in Tikrit, Freudenschüsse in Bagdad

In Saddams Heimatstadt Tikrit demonstrierten laut Medienberichten trotz der Ausgangssperre Hunderte seiner Anhänger gegen das Todesurteil. In Bagdad seien dagegen nach der Verkündung des Urteils Freudenschüsse zu hören gewesen.

Die Befürchtungen vor "Rache-Anschlägen" nicht nur im Irak werden nach Ansicht der Geheimdienste auch aus der Tatsache genährt, dass die Terrororganisation von Osama Bin Laden schon lange im Irak "mitmischt". Der im Juni von der US-Luftwaffe getötete irakische "Statthalter" von Bin Laden, Abu Mussab al-Sarkawi, war im Zweistromland als "Osama Bin Laden II." tituliert worden.

"Erhebliche Gefahren" durch Al Qaida

Sarkawi hatte wie sein Vorbild Bin Laden dem Westen und insbesondere den USA vorgeworfen, einen Kreuzzug gegen den Islam zu führen. Die "heiligen islamischen Krieger werden die Ungläubigen vernichten", war das Credo Sarkawis. "Auch hieraus könnten den Deutschen als den engen Verbündeten der Amerikaner erhebliche Gefahren entstehen", erläuterte ein Geheimdienstler.

Aus Geheimdienstkreisen wurden darüber hinaus Befürchtungen über das Schicksal der deutschen Soldaten in Afghanistan geäußert. Seit geraumer Zeit würden "zunehmende Verlagerungen" des Irak-Terrors an den Hindukusch registriert. Durch den Irakkrieg sei eine neue Generation von extremistischen Muslimen herangewachsen, die vom Irak nach Afghanistan übergewechselt seien. Auch von diesen Kämpfern, die sich mit den Taliban zusammengetan haben, könnten gegen die Bundeswehrsoldaten "Racheakte für Saddam Hussein" vorgenommen werden, hieß es in Geheimdiensten. (Von Friedrich Kuhn, ddp)

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