zum Hauptinhalt

Politik: Sag zum Sonntag leise Servus

Der Sonntag – ein Auslaufmodell. Ja, es wird vermutlich dabei bleiben, dass die Zeitung an diesem Tag ein wenig dicker ist, das sind wir so gewohnt.

Der Sonntag – ein Auslaufmodell. Ja, es wird vermutlich dabei bleiben, dass die Zeitung an diesem Tag ein wenig dicker ist, das sind wir so gewohnt. Aber sonst? „Es gibt immer weniger Sonntagskinder“, sagt der Bund deutscher Hebammen, kein Wunder, denn in den Kliniken ist sonntags auch keiner mehr da, der sie zur Welt bringen könnte. Und am Sonntag, dem 31. Dezember 2006, wird es erst recht keine Geburten geben, denn wer ist schon so blöd, nur wegen eines an sich naturgewollten Termins aufs üppige Elterngeld verzichten, das erst ab 1. 1., null Uhr, fällig wird?

Und dann das Shoppen. „Am siebten Tage sollst du einkaufen, was der Dispo hergibt“, heißt es in der Bibel (Buch Westerwelle 18, 2–4), denn auch Gott hat sich ja bekanntlich nach dem anstrengenden Schöpfungswerk am siebten Tage zu Saks Fifth Avenue begeben, um dort eine neue Designerkutte zu kaufen und sich den Bart stutzen zu lassen. Angesichts dieser klaren Quellenlage ist es rätselhaft, dass der Sonntag sich dennoch als Feiertag durchsetzen konnte und damit die freie Entfaltung der Wirtschaft gelähmt hat.

Der Berliner Senat, der ja schon seit geraumer Zeit entschlossen gegen geistig-moralische Umsatzbremsen und Staubfänger wie den Reformationstag, den Bußtag und den Religionsunterricht einschreitet, hat damit nun, in Deutschland führend, Schluss gemacht. Zehn Sonntage pro Jahr zum Einkaufen, vier davon im Advent, das ist ein Anfang und ein Signal für Deutschland: Berlin, heißt es, lamentiert nicht länger, sondern packt zu.

Allerdings fehlt es noch an ein paar flankierenden Maßnahmen. Einkaufsgutscheine für Hartz-IV-Empfänger, die fristgerecht einen Antrag auf Sonntagsshopping stellen, wären ein erster Schritt. Reicht das nicht, sollten wir eine Einkaufspflicht erwägen, gern sozial gestaffelt, um Härten zu vermeiden: Aldi für die Armen, Bulgari für Besserverdiener. Nichts gegen die Religionsfreiheit! Aber wer dennoch partout zum Sonntagsgottesdienst will, von dem können wir erwarten, dass er dem Bezirkseinkaufsamt einen Bestätigungsstempel vom Pfarrer vorlegt.

Ein gewisses Problem besteht freilich darin, dass irgendjemand am Sonntag in den Läden an der Kasse stehen und das Geld einsammeln muss. Aber das könnten die Hebammen machen, die am Sonntag nichts mehr zu tun haben. Und das restliche Krankenhauspersonal! Denn Kranksein am Sonntag – das schafft der Senat sicher auch bald ab.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false