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Politik: Saison für Präsidenten

Kurz nach seiner Wahl erscheint das erste Buch über Horst Köhler – und er gibt erste Ratschläge an die Politik

Von Robert Birnbaum

Eine „Punktlandung“, sagt der Mann vom Verlag, ist zum Beispiel, wenn man ein Buch über die Fußball-Europameisterschaft genau zur EM herausbringt. Denn so ein Buch, sagt der Mann vom Verlag, verkaufe sich ja nur in den zwei Wochen, in denen die EM stattfinde. Woraus wir lernen: Der künftige Bundespräsident ist aus verlegerischer Sicht so etwas wie ein Saisonartikel.

Folglich hat sich der frühere Herausgeber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, Hugo Müller-Vogg, alle Mühe gegeben, sein Gesprächsbuch mit Horst Köhler punktlandungsgenau fertig zu stellen. Damit schon am Dienstag vorgestellt werden konnte, was der gewählte Präsident über sich und sein Amt gesagt hat, als er noch Kandidat war. Wäre er nicht gewählt worden, sagt der Mann vom Verlag noch, wäre das Buch nicht erschienen. So liegt es jetzt auf dem Tisch, der Titel: „Offen will ich sein – und notfalls unbequem.“

Was das Unbequeme angeht, hat man schon vorher lesen können, Köhler habe in dem Buch der CDU-Chefin Angela Merkel die britische Premierministerin Margaret Thatcher als Vorbild empfohlen. In Wahrheit stammt der Vergleich vom Fragensteller Müller-Vogg, und Köhler rückt noch einmal zurecht: Niemand solle Thatcher kopieren. Dass Deutschland eine Reform seiner Wirtschafts- und Sozialsysteme brauche, die „in Tiefe und Breite“ der Thatcher’schen Rosskur vergleichbar sei – dazu steht der designierte Präsident durchaus. „Durchaus“ ist übrigens sein Lieblingswort. Durchaus parteiübergreifend will er sein, sich durchaus beteiligen an der Wertedebatte, und noch einmal nach seinem Wahlspruch „Ich liebe dieses Land“ gefragt, sagt Köhler, der Satz sei ihm nicht einfach so von den Lippen gegangen, sondern habe ihm etwas Großes bedeutet: „Wenn Sie so wollen, war das sogar durchaus spontan.“

Was aber das Parteiübergreifende angeht („ … dass es mir um das Wohl der Deutschen geht und nicht um das Wohl der CDU“), enthält das Buch eine wirklich hübsche Passage. Da versucht der tiefschwarze Müller-Vogg den künftigen Präsidenten gegen die „68er“ in Stellung zu bringen. Klappt aber nicht: Ob es ohne die Studentenrevolte heute besser wäre, sagt Köhler, sei nicht sicher. Ihn als Studenten hätten Themen und Fragen der 68er jedenfalls interessiert – „durchaus“.

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