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Politik: Sanktionen gegen Österreich: Portugal will einen langsamen Ausstieg aus dem EU-Boykott (Kommentar)

Im Fußball entscheidet ein Tor über Sein oder Nichtsein, teilt die Welt in Gewinner und Verlierer. Diese Spannung, bei der Europameisterschaft höchst erwünscht, ist für Diplomaten ein Gräuel.

Im Fußball entscheidet ein Tor über Sein oder Nichtsein, teilt die Welt in Gewinner und Verlierer. Diese Spannung, bei der Europameisterschaft höchst erwünscht, ist für Diplomaten ein Gräuel. In der EU werden Konflikte bekanntlich auch friedlich gelöst, Gewinner und Verlierer soll es dort eigentlich nicht geben. Und doch geht es seit Februar in der EU ziemlich unfriedlich zu. 14 EU-Staaten haben wegen der Regierungsbeteiligung der rechtspopulistischen FPÖ Sanktionen gegen Österreich verhängt. Seitdem will der österreichische Regierungsschef Wolfgang Schüssel, aus der Defensive herauskommen. Beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs im portugiesischen Feira bemüht er sich heute und morgen - um in der Fußballsprache zu bleiben - einen Elfmeter herauszuschinden.

Schinden? Doch, schon, denn das Vorgehen der 14 EU-Partner gegen Österreich war grundsätzlich richtig. Es war gut, dass die EU die FPÖ-Minister nicht einfach akzeptiert hat. Die EU hat gezeigt, daß sie mehr ist als eine Wirtschaftsgemeinschaft. Sie hat sich zwar des technischen Hilfsmittels der "bilateralen Maßnahmen" bedient, was für Außenstehende einigermaßen verwirrend ist: In Brüssel herrscht "Business as usual", bei den Außenministertreffen wird die Wiener Chefdiplomatin Benita Ferrero-Waldner nach Gusto mal geschnitten, dann wieder korekt behandelt. Doch in Zeiten zunehmender Politikmüdigkeit - vom alltäglichen Übersetzungsproblem der komplizierten EU-Materie gar nicht zu reden - haben die Sanktionen auch klar gemacht, dass die "europäische Wertegemeinschaft" mehr ist als nur Stoff für Sonntagsreden.

Weil die 14 EU-Partner Österreichs aber eben auch Partner sind, müssen die Regeln des Fair play gelten. Diese Regeln setzen einen Dialog zwischen den 14 und Wien voraus, der auch die Möglichkeit eines Endes der Sanktionen einschließt. An einer solchen "Exit-Strategie" hat es die Anti-Österreich-Koalition des guten Willens, angeführt von Frankreich und Belgien, leider von Anfang an fehlen lassen. Bis jetzt. Denn die Vorschläge der Portugiesen könnten einen Ausweg aus der mittlerweile etwas lächerlichen Lage weisen.

Österreich in der Rolle des EU-Blockierers, Frankreich und die übrigen 13 auf der Suche nach immer neuen Gesten der Mißachtung gegenüber der ÖVP/FPÖ-Regierung - dies kann im kommenden Halbjahr der französischen EU-Ratspräsidentschaft niemand ernsthaft wollen. Deswegen ist der portugiesische Drei-Stufen-Plan sinnvoll: Schon bald könnte eine internationale Beobachtung Wiens beginnen. Im September wäre eine vorläufige Suspendierung der Boykott-Maßnahmen denkbar, wenn die Haider-Partei bis dahin in den Augen der Menschenrechtshüter keinen Anlaß zur Klage bietet. Und zu Beginn des Jahres 2001 könnten die Sanktionen dann endgültig aufgehoben werden.

Damit ist wieder Bewegung ins Spiel gekommen. Der Vorschlag der Portugiesen hat ein Reihe von Vorteilen. Er sagt, wann es einen Ausweg aus der Wiener Sackgasse geben soll. Und auch wie. Denn die internationale Beobachtung der Wiener Regierung bietet die Chance, die Maßstäbe zu definieren, die die 14 EU-Staaten an die Regierung in Wien anlegen. Doch all das klappt nur, wenn die Franzosen den Ball aufnehmen.

Albert Meier

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