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Mann steigt aus Auto

© AFP

Sarkozy unter Verdacht: Der Fall Tapie zieht Kreise

Frankreichs früherer Präsident Nicolas Sarkozy wird beschuldigt, den Unternehmer Bernard Tapie bei einer millionenschweren Entschädigung begünstigt zu haben.

Paris - Die Affäre um den französischen Unternehmer Bernard Tapie wird für Ex-Präsident Nicolas Sarkozy immer bedrohlicher. Nachdem ein Ermittlungsverfahren gegen den mit Sarkozy befreundeten Chef des französischen Telefonriesen France Télécom/Orange, Stéphane Richard, wegen „bandenmäßigen Betrugs“ eröffnet wurde, ist auch der Ex-Staatschef im Visier.

Während unklar ist, ob Richard seinen Chefposten bei dem größten französischen Telefonanbieter aufgeben muss, kann es auch für Sarkozy und seine damaligen Mitarbeiter im Elysée-Palast eng werden. Richard war 2008 im französischen Finanzministerium unter Christine Lagarde an einem umstrittenen Schlichtungsverfahren beteiligt gewesen, durch das der Unternehmer Tapie rund 400 Millionen Euro aus der Staatskasse erhielt. Möglicherweise kam die Einigung auf Druck aus dem Elysée-Palast zustande, wo damals Sarkozy herrschte.

Premierminister Jean-Marc Ayrault erklärte schon, dass die Regierung den umstrittenen Schiedsspruch anfechten wolle, welcher der Entschädigungszahlung für Tapie zugrunde liegt. Wenn das Pariser Berufungsgericht den Deal als Betrug bewerten sollte, kann es auch den Schiedsspruch annullieren. Auch gegen eines der Mitglieder des Schiedsgerichtes wird schon ermittelt, der Staat ist Nebenkläger in dem Verfahren.

Zudem wird das „Sarkozy-System“ offen kritisiert. Fleur Pellerin, Ministerin für neue Technologien, warf der Vorgängerregierung vor, ein „organisiertes System der illegalen Wahlkampffinanzierung“ auf die Beine gestellt zu haben. Neben der Tapie-Affäre gibt es auch weitere Vorwürfe, unter anderem in dem Skandal um die L’Oréal-Erbin Liliane Bettencourt.

Der Grund für die großzügige Entschädigung des Unternehmers Bernard Tapie liegt schon 20 Jahre zurück. Tapie hatte sich beim Verkauf des deutschen Sportartikelherstellers Adidas im Jahr 1993 an eine Investorengruppe um die damals noch staatliche Bank Crédit Lyonnais benachteiligt gefühlt und auf Schadenersatz geklagt. Um den jahrelangen Rechtsstreit beizulegen, rief die frühere französische Finanzministerin und heutige Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, 2007 ein Schiedsgericht an. Umstritten ist Lagardes Entscheidung, gegen die Entscheidung keinen Widerspruch einzulegen, obwohl ihr Experten dazu rieten.

Gegen Lagarde laufen Ermittlungen wegen „Beihilfe zur Veruntreuung öffentlicher Gelder“. Bisher entging die Ex-Finanzministerin einem offiziellen Ermittlungsverfahren, sie wurde lediglich als „Zeugin mit Rechtsbeistand“ eingestuft. Doch die Zeitung „Le Monde“ schreibt schon, das könnte nun neu beurteilt werden. Auch gegen Lagarde könne nach den Angaben der Zeitung ein Ermittlungsverfahren einleitet werden – wie gegen ihren ehemaligen Bürochef Richard. Der heutige Orange-Chef wiederum will Einspruch gegen das Ermittlungsverfahren einlegen.

Die Ermittler haben den Verdacht, dass Tapie eine Vorzugsbehandlung erhielt, weil er Sarkozy im Wahlkampf 2007 unterstützte. Die Summe aus der Staatskasse wird als Dank gesehen. Die Sozialisten, die damals in der Opposition waren, kritisierten, dass Tapie vor dem Schiedsgericht höhere Forderungen durchsetzen konnte als vor einem normalen Gericht. Französische Medien berichten außerdem, dass Tapie gejubelt haben soll, als Sarkozy gewählt wurde. „Jetzt habe ich mein Geld“, wird er zitiert. Richard betonte dagegen, dass es „keine Anordnung oder besonderen Druck aus dem Elysée-Palast“ von Sarkozy in der Angelegenheit gegeben habe. Er habe sich zwar im Sommer des Jahres 2007 mit dem Generalsekretär des Elysée-Palastes und Sarkozy-Vertrauten Claude Guéant getroffen. Aber dabei habe der Schiedsspruch einfach nur als „beste Lösung“ gegolten. Das Ermittlungsverfahren gegen Richard zeigt, dass die Ermittler bezweifeln, dass kein Druck ausgeübt wurde. Tanja Kuchenbecker

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