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Politik: Sarkozy will durchregieren

Frankreichs Präsident engagiert sich im Parlamentswahlkampf – und hält Minister an der kurzen Leine

Nach seinem atemberaubenden Start legt Frankreichs neuer Präsident Nicolas Sarkozy weiter ein hohes Tempo vor. Am Dienstagabend stürzte er sich erneut in den Wahlkampf, diesmal zur Parlamentswahl am 10. und 17. Juni. Ohne ein Zeichen der Ermüdung und entschlossen, die Opposition nach ihrer Niederlage noch mehr zu schwächen, appellierte er bei einer Kundgebung in Le Havre an seine Anhänger, ihm durch eine starke Mehrheit in der Nationalversammlung das Vertrauen zu bestätigen, das sie ihm bei der Präsidentenwahl gaben.

Kritik an seiner Parteinahme vor den Parlamentswahlen wischte Sarkozy beiseite. Der erfolgreiche Kandidat, der nach seiner Wahl versprochen hatte, „Präsident aller Franzosen“ zu sein, konnte sich dabei auf seine Vorgänger im Amt berufen: Valéry Giscard d’Estaing hatte 1978 die Franzosen im Fernsehen aufgerufen, bei der Parlamentswahl eine „gute Wahl“ zu treffen, und zehn Jahre später verlangte Präsident François Mitterrand von seinen Landsleuten eine „klare Mehrheit“. Neu ist allerdings der direkte persönliche Einsatz, mit dem der gewählte Präsident den politischen Raum in Beschlag nimmt und sich nun auch in der Kampagne für die Parlamentswahl engagiert. „Der permanente Kandidat“ titelte die Zeitung „Libération“. Nach einer Umfrage des Instituts Ipsos kann die Regierungspartei schon im ersten Wahlgang mit einer überwältigenden Mehrheit von 400 der 577 Sitze im Parlament rechnen. Doch Sarkozy kämpft um jede Stimme, um sich seine politischen Ziele legitimieren zu lassen. Er hat seine Minister bereits gewarnt: Wer bei der Parlamentswahl durchfällt, scheidet aus der Regierung aus.

Diesen Erfolgsdruck bekamen auch die Minister in Sarkozys Regierung bereits zu spüren. In den wöchentlichen Ministerratssitzung geht es zwar nicht mehr protokollarisch steif zu wie unter seinem Vorgänger Jacques Chirac. Statt eines Monarchen regiert jetzt ein agiler Manager. Seine Minister redet Sarkozy mit Vornamen und dem vertraulichen Du an. Nach den offiziellen Mitteilungen wird nun auch debattiert, wobei sich jeder zu jedem Thema äußern kann. Aber die Regierung wird an der kurzen Leine geführt. Sarkozy zeigt, dass er „durchregiert“. So wurden die Direktoren der Ministerbüros fast ausnahmslos vom Elysée-Palast ausgesucht. Wer sich Eigenmächtigkeiten erlaubt, wird sofort zurückgepfiffen. Als Haushaltsminister Eric Woerth die im Wahlkampf versprochene Abzugsfähigkeit der Zinsen von Wohnungskrediten auf neue Darlehen beschränken wollte, wurde er von Sarkozy öffentlich zur Ordnung gerufen.

Zum Bruch mit dem bisherigen Regierungsstil gehört auch, dass die Minister erstmals auf ein traditionelles Privileg verzichten und für ihre Dienstwohnungen Steuern entrichten müssen. Neu ist auch, dass es diesmal keine Amnestie für kleine Verkehrsübertretungen gibt, wie sie früher von allen Präsidenten nach der Wahl gewährt wurde. Das hat zwar manche Parksünder enttäuscht. Aber Sarkozys Popularität hat es nicht geschadet. 65 Prozent der Befragten sind mit seinen ersten Amtshandlungen einverstanden.

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