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Merkel sichtet etwas. Welche Dokumente sie aber zu Böhmermann gesichtet hat, dürfte nicht mitgeteilt werden, meint die Regierung.

© AFP

Satire-Affäre: Merkel will nicht sagen, ob sie Böhmermanns Auftritt gesehen hat

Es gibt Zweifel, ob die Kanzlerin die Erdogan-Satire gesehen hat, bevor sie sie "verletzend" nannte. Und Erdogan steht noch eine Beschwerde zu.

Nach der Einstellung des Strafverfahrens gegen den TV-Unterhalter Jan Böhmermann mehren sich Zweifel, ob Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dessen Satire auf den türkischen Präsidenten Erdogan im gesamten Zusammenhang zur Kenntnis genommen hat, bevor sie den Auftritt öffentlich „bewusst verletzend“ nannte. Trotz grundsätzlicher Auskunftspflicht verweigert das Bundeskanzleramt die Antwort auf eine entsprechende Anfrage: „Der der Einschätzung der Bundeskanzlerin vorgelagerte Beratungs- und Abstimmungsprozess unterfällt dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“, teilte das Kanzleramt dem Tagesspiegel mit.

Zuvor hatte der Anwalt von Böhmermann Christian Schertz Merkel vorgeworfen, sie habe ihre Bewertung „offenbar in Unkenntnis des genauen Sachverhalts“ durch den Regierungssprecher mitteilen lassen. Schertz bewertete die Worte der Kanzlerin als „Kompetenzüberschreitung“ und „öffentliche Vorverurteilung“.

Möglich erscheint, dass Merkel die Satire lediglich auf Grundlage einer offenbar oberflächlichen „internen Einschätzung zu den juristischen Implikationen“ des umstrittenen Schmähgedichts beurteilte, die nach Tagesspiegel-Informationen im Auftrag des Auswärtigen Amts am 2. Und 3. April vom Auswärtigen Amt und dem Bundesjustizministerium erstellt worden war. Drei Vertreter aus dem AA sowie einer aus der Abteilungsleitung für Strafrecht im Bundesjustizministerium hatten eine als „vertraulich“ eingestufte, lediglich neun Zeilen umfassende Stellungnahme zur Strafbarkeit Böhmermanns nach Paragraf 103 Strafgesetzbuch verfasst, der Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten. Sie kamen dabei zu dem Ergebnis, Böhmermann habe sich strafbar gemacht.

Die Staatsanwaltschaft Mainz sieht unterdessen die Möglichkeit für Erdogan, gegen die Einstellungsverfügung vorzugehen, insbesondere soweit der Straftatbestand des Paragraf 103  im Raum steht, da es sich um ein so genanntes Offizialdelikt handele: „Eine solche Beschwerde kann entweder bei der Staatsanwaltschaft Mainz oder bei der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz eingelegt werden. Zur Entscheidung über eine entsprechende Beschwerde wäre die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz berufen“, erklärte die Behörde gegenüber dem Tagesspiegel.

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