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Politik: Scharf abgerechnet

Niedersachsen und das Saarland haben die strengsten Strafen für unrechtmäßig kassierte Politikergehälter

Berlin - Zufall oder Ironie des politischen Geschehens? Die VW-Gehaltsaffäre trifft ausgerechnet eines der beiden Landesparlamente, die Abgeordnetenverfehlungen am schärfsten bestrafen. Seit 1978 sieht das niedersächsische Abgeordnetengesetz vor, dass unrechtmäßig erhaltene Nebeneinkünfte dem Land zurückgezahlt werden müssen. Dies war eine Reaktion auf das Diätenurteil des Bundesverfassungsgerichts – und nur im Saarland geht es lobbyistisch arbeitenden Abgeordneten ähnlich an den Geldbeutel.

„Insbesondere“, so steht es im Paragrafen 27, „darf einem Abgeordneten eine Vergütung aus einem Dienst- oder Werkverhältnis nur gewährt werden, soweit sie dem Wert einer vom Abgeordneten tatsächlich erbrachten und mit seinem Mandat nicht zusammenhängenden Tätigkeit entspricht.“ Wer eine solche „Zuwendung“ empfangen habe, „hat sie oder, falls dies nicht möglich ist, ihren Wert an das Land abzuführen“. Überschrieben ist der Paragraf mit dem, was er beabsichtigt: die „Sicherung der Unabhängigkeit des Abgeordneten“.

Im Vergleich dazu sei die Möglichkeit des Bundestagspräsidenten, schwarze Schafe öffentlich an den Pranger zu stellen, ein „eher stumpfes Schwert“, sagt Landtagssprecher Franz-Rainer Enste. Allerdings, so räumt er ein, sei der Nachweis eines zu Unrecht bezogenen Gehalts schwierig. Daher gehe man das entsprechende Verwaltungsverfahren nun auch „mit aller Behutsamkeit“ an. Mindestens zwei der bei VW beschäftigten Politiker droht die Abgabe der kassierten Nebeneinkünfte. Laut Landtagspräsident Jürgen Gansäuer (CDU) gibt es bislang keinen Beleg dafür, dass die SPD-Abgeordneten Ingolf Viereck und Hans-Hermann Wendhausen für ihre Gehälter angemessene Gegenleistungen erbracht haben.

Während sich Bundespolitiker wie Volker Beck (Grüne) oder Dieter Wiefelspütz (SPD) von einer Ahndung à la Niedersachsen bessere Abschreckung versprechen, warnen andere davor. Auch Bayerns Landtagspräsident Alois Glück (CSU) lässt durchblicken, dass er die niedersächsische Regelung für nicht praktikabel hält. Als Vorsitzender der Landtagspräsidenten-Konferenz hat er seine Kollegen für den 10. Februar nach München geladen. Ziel des Treffens: Erfahrungsaustausch und die Entwicklung „gleicher Kriterien für vergleichbare Sachverhalte“. Das wollen auch die Niedersachsen. Bürger und Politiker hätten Anspruch darauf, dass „von Flensburg bis Freiburg“ gleiche Verhaltensregeln gelten, sagt Enste. Denkbar wäre ihm zufolge etwa, dass Abgeordnete nicht nur ihren Nebenjob, sondern auch das dafür aufgewendete Arbeitspensum angeben müssen. Oder nicht nur ihre Funktion in einer Firma , sondern auch ihre genaue Zuständigkeit. „Was nützt es, wenn einer angibt, er sei kaufmännischer Angestellter? Das kann alles bedeuten.“

Von ihrem Paragrafen 27 aber wollen sich die Niedersachsen nicht abbringen lassen. Grade jetzt nicht, nach der VW- Affäre. Gleiche Verhaltensregeln müssten ja nicht gleiche Sanktionen bedeuten, sagt Enste. „Wenn es hier weiter Alleingänge gibt, halten wir dies nicht für schädlich.“

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