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Politik: Scharon setzt auf die Ultrarechten

Premier verhandelt mit „Nationaler Union“ / Früherer Generalstabschef Mofaz wird Verteidigungsminister

Tel Aviv. Nach dem Zusammenbruch der Koalition wird in Israel ein politischer Rechtsruck erwartet. Ministerpräsident Ariel Scharon versucht nun unter Einbeziehung des ultranationalistischen Parteienbündnisses eine neue Regierung zusammenzustellen, um vorgezogene Neuwahlen zu vermeiden. Neuer Verteidigungsminister, Nachfolger des zurückgetretenen Benjamin Ben-Elieser wird Ex-Armeechef Schaul Mofaz.

Die Ernennung des wegen seiner radikalen Ansichten umstrittenen Mofaz’ ist von dem noch bis zum Wochenende amtierenden Ben Elieser und von palästinensischer Seite kritisiert worden. Ben Elieser warnte davor, dass dem gerade aus dem aktiven Dienst ausgeschiedenen Generalstabschef die politische Übersicht abgehe. Der palästinensische Informationsminister Yasser Abed Rabbo sagte, dass Mofaz’ Ernennung „einem Abbruch aller noch zwischen der palästinensischen Autorität und Israel bestehenden wenigen Brücken“ gleichkomme. Mofaz sei für seine extremen Ansichten berüchtigt, auch für den Plan, Arafat zu töten. Er führte außerdem die Großoffensiven gegen Arafats Hauptquartiere in Gaza und Ramallah durch. Arafat äußerte sich kritisch über die Ernennung, die noch vom Parlament gebilligt werden muss. Unter Mofaz werde es aller Voraussicht nach zu einem noch härteren Vorgehen gegen die Palästinenser kommen, sagte Arafat.

Unklar ist, wer die Nachfolge von Außenminister Schimon Peres antreten wird. Das Angebot, als Sonderminister im Amt zu bleiben, hat Peres abgelehnt. Eine Möglichkeit für Scharon wäre, seinen parteiinternen Rivalen Benjamin Netanjahu zum Außenminister zu machen. Nach Berichten der Zeitung „Maariv“ hat er jedoch dem Chef der „Nationalen Union“, Avigdor Lieberman, das Amt angeboten. Der Zusammenschluss der Ultranationalisten verfügt über sieben Sitze im Parlament. Diese würden Scharon zu einer Mehrheit von 62 Sitzen der insgesamt 120 verhelfen.

Der neue Chef der Nationalreligiösen, Minister Effi Eitam, will Lieberman treffen, um diesen zu einem Regierungsbeitritt zu bewegen. Lieberman selbst hatte vor dem Rücktritt der Minister der Arbeitspartei angekündigt, er werde auch in Zukunft versuchen, die Regierung Scharon zu stürzen. Inzwischen aber hat der Anführer einer der Mini-Parteien in der „Nationalen Union“, der Ex-Abgeordnete und Siedlerführer Chanan Porat, zwei Vorbedingungen für einen Regierungsbeitritt genannt: die Legalisierung der über 100 illegalen Siedlungs-Außenposten und zur Vermeidung „eines großen nationalen Unglücks“ die Ablehnung der Pläne hin zu einem Frieden nach Vorstellung des Nahost-Quartetts. Scharon könnte allerdings auch mit seinen derzeit 55 Mandaten einer Minderheitsregierung vorstehen, die von den Ultranationalisten toleriert wird.

Und auch vorgezogene Neuwahlen scheinen zumindest eine Option zu sein. Der zurückgetretene Landwirtschaftsminister Schalom Simchon hat angeboten, seine Partei könne doch für das Budget 2003 stimmen, falls man sich mit Scharon über einen Wahltermin im Frühjahr einige. In der Arbeitspartei selbst ist man überzeugt, dass Ben Elieser seine Chancen für eine Wiederwahl als Parteivorsitzender am 19. November durch sein Verhalten in der Regierungskrise nicht vergrößert hat, obwohl er nach Ansicht von Beobachtern den Rücktritt gerade deshalb provoziert hat.

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