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Politik: Schatten des Bürgerkriegs

Ein Ex-Guerillaführer will Präsident von El Salvador werden

Von Bernd Radowitz,

Rio de Janeiro

Ein ehemaliger kommunistischer Guerillaführer und ein Sportreporter sind die Hauptkonkurrenten bei Präsidentschaftswahlen in El Salvador an diesem Sonntag. Zum ersten Mal seit Ende des von 1980 bis 1992 dauernden Bürgerkriegs hat die linke Nationale Befreiungsfront Farabundo Marti (FMLN) eine reale Chance, an die Macht zu kommen. Die ehemalige Guerillabewegung, die sich zur Partei gewandelt hat, würde so die seit 15 Jahren regierende rechtsgerichtete Arena- Partei ablösen. „Diesen Sonntag hat das salvadorianische Volk zum ersten Mal seit der Ankunft der Spanier die Wahl, sein Schicksal zu ändern“, meinte der FMLN-Kandidat Schafik Handal zum Abschluss des Wahlkampfs.

Wer demnächst in den Präsidentenpalast in der Hauptstadt San Salvador einzieht, interessiert nicht zuletzt US-Präsident Bush. Denn Handal – ein ehemaliger kommunistischer Guerillaführer – hat versprochen, im Falle seines Wahlsiegs El Salvadors 380 im Irak stationierte Soldaten abzuziehen. Damit würde die bisher von den Spaniern angeführte Brigade im Irak weiter ausgehöhlt. Spaniens designierter Ministerpräsident Zapatero hatte angekündigt, die 1300 Soldaten seines Landes nach Hause zu holen, falls es kein UN-Mandat für die Truppen gibt. Auch El Salvadors Nachbarland Honduras will seine 370 im Irak stationierten Soldaten bis Ende Juni abziehen. Handal, der Umfragen zufolge ein paar Prozentpunkte hinter seinem Hauptkonkurrenten Tony Saca steht, könnte das Versprechen des Truppenabzugs noch einige zusätzliche Punkte bringen.

Tony Saca, ein populärer Sportreporter, warnt jedoch, dass ein Wahlsieg der linken Befreiungsfront der Wirtschaft schaden würde, da Handal die USA und die einheimische Wirtschaftselite vor den Kopf stoßen würde. „Eine linke Regierung gefährdet die Freiheit unseres Landes“, erklärte Saca. Handal will diplomatische Beziehungen zu Washingtons Erzfeind Kuba wieder aufnehmen, ein erst im letzten Jahr vereinbartes Freihandelsabkommen mit den USA neu verhandeln und die 2001 durch den Dollar ersetzte Landeswährung wieder einführen.

Auch Handals Vergangenheit als Guerillakämpfer im Bürgerkrieg, dem 75 000 Menschen zum Opfer fielen, löst in dem immer noch stark polarisierten Land Ängste aus. Der 38 Jahre alte Saca war dagegen nicht in den Bürgerkrieg verwickelt. Jedoch wurde seiner Arena-Partei nachgesagt, während des Kriegs rechtsextremistischen Todesschwadronen nahe gestanden zu haben.

Bernd Radowitz[Rio de Janeiro]

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