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Politik: Schavan verteidigt sich gegen Bischöfe

Pflüger fordert Respekt für Stammzellbeschluss

Berlin - Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) wehrt sich gegen Vorwürfe, sie habe mit ihrer Zustimmung zur Verlegung des Stichtags für die embryonale Stammzellenforschung christliche Grundsätze verletzt. „Ich beanspruche für diese Position nicht, dass es eine katholische Position ist“, sagte die Ministerin der Zeitung „Die Welt“. „Ich stehe mitten in meiner Kirche und weiß, dass sie eine konsistente Position zu dieser und anderen Fragen des Lebensschutzes hat. Ich bin als katholische Christin jetzt auch in dem Dilemma, dieser Erwartung meiner Kirche nicht gerecht werden zu können."

Schavan versicherte, sie habe die Verlegung des Stichtags im Bewusstsein des ethischen Dilemmas getroffen, das damit verbunden sei. „Ich gehöre zu denen, die erreichen wollen, dass Stammzellenforschung dauerhaft ohne Embryonenverbrauch auskommt“, sagte die CDU-Politikerin. „Aber wenn heute gesagt wird – auch nach den bahnbrechenden Erkenntnissen der letzten Wochen – dass der Vergleich verschiedener Stammzellen noch für eine Weile notwendig sein wird, dann kann ich das nicht ignorieren.“ Auf den Vorwurf, sie sei unter dem Druck der Forschung und Industrie „eingeknickt“, sagte Schavan. „Auf mich übt niemand Druck aus. Das wäre auch hoffnungslos.“

Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hatte die Ministerin der Unwahrhaftigkeit, der Prinzipienlosigkeit und eines „Missbrauchs des Wortes ,katholisch’ für eine von durchsichtigen Forschungsinteressen motivierte Kampagne“ bezichtigt. Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck hatte dazu erklärt: „Wo der Kardinal recht hat, hat er recht.“ Wer wie die CDU die Stichtagsregelung im Stammenzellgesetz zur „ethischen Wanderdüne“ mache, stelle „den Schutz menschlichen Lebens zur Disposition“.

Unterstützung erhielt Schavan vom Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Friedberg Pflüger. Er nannte die Kritik von Kardinal Meisner und von den Grünen an dem CDU-Beschluss im Gespräch mit dem Tagesspiegel am Sonntag „ungerecht“. Es gebe eben unterschiedliche Positionen, die sich aus dem „C“ ableiten lassen, auch die Position für eine heilende Ethik. Es gebe nicht nur eine einzige christliche Antwort. Die Bibel sei kein Rezeptbuch für politische Fragen. „Ein Christ kann durchaus zu anderen Ergebnissen kommen als Kardinal Meisner“, sagte Pflüger. Die Position, bestehende überzählige embryonale Stammzelllinien dürften unter keinen Umständen zur medizinischen Forschung eingesetzt werden, „ist sehr erhaben, lässt aber viele Menschen in ihrer Not allein“. Es gebe auch eine Ethik des Heilens, die ebenfalls zutiefst christlich sei. Pflüger wies den Vorwurf zurück, der Beschluss des CDU-Parteitags sei Ausdruck von Prinzipienlosigkeit. „Ich respektiere die Position Meisners und erwarte Respekt für unsere Position“, erklärte der Unionspolitiker.

Unterdessen rief der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, die CDU-Bundestagsabgeordneten dazu auf, ihren Parteitagsbeschluss zum Import von Stammzellen zu korrigieren. Eine Verschiebung des Stichtags um fünf Jahre gegenüber der jetzt gültigen Regel würde „den Embryonenschutz noch weiter aushöhlen“, warnte Lehmann im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Martin Gehlen

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