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Politik: Scheidung an der Elbe

Nach dem Eklat um Ole von Beust und Ronald Schill hat sich die Hamburger Bürgerschaft aufgelöst – neu gewählt wird am 29. Februar

Hier war der Anfang, hier ist das Ende: Im großen Saal der Bürgerschaft hatten sich 2001 Ole von Beust und Ronald Schill nach der Wahl des gemeinsamen Senats umarmt – am Dienstag beschloss das Hamburger Landesparlament einstimmig seine Auflösung. Die Neuwahl soll am 29. Februar 2004 stattfinden.

Hamburg sei durch die Regierungsbeteiligung der Rechtspopulisten weltweit in Verruf geraten, sagte Oppositionschef Walter Zucker (SPD). Die Verantwortung dafür trage von Beust: „Sie wären nie Bürgermeister geworden ohne Schill. Und er hätte nie die Bühne bekommen für seine Provokationen.“ Er warf von Beust „schlechte und schlampige Arbeit“ vor: „Der Fisch stinkt vom Kopf her.“ Christa Goetsch (GAL) sagte, der Bürgermeister werde als „Steigbügelhalter Schills in die Geschichte eingehen“. 70 Prozent der Bürger seien laut Umfragen gegen die Politik des Senats. Ole von Beust (CDU) erwiderte, eine verbale Schlammschlacht werde es im Wahlkampf mit ihm nicht geben – dies sei unhanseatisch. Er skizzierte Zukunftsaufgaben und sagte, seine Regierung sei in verschiedenen Feldern erfolgreich gewesen. Die SPD sei nicht mehr die „Schutzmacht der kleinen Leute“. Er wolle nach der Wahl eine Politik „jenseits von Rot-Grün“. Burkhard Müller-Sönksen (FDP) bekannte sich zur Koalition: „Ein Apfelbaum trägt noch nicht im ersten und zweiten Jahr die vollen Früchte.“

Erstmals nahm die neue, sechsköpfige „Ronald-Schill-Fraktion“ ihren Platz ein. Das Ende der Regierung erfülle sein Herz mit Trauer, sagte Schill. Seine erfolgreiche Politik sei durch von Beust „völlig ohne Not“ zerstört worden. Namentlich griff er seinen Nachfolger Dirk Nockemann an: Er habe ihn nicht zum Staatsrat berufen, „weil er die Fähigkeiten nicht hat“. Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) habe lediglich die SPD-Politik fortgeführt. Schill verzichtete auf eine Abrechnung mit von Beust und äußerte sich über seine Wahlchancen zuversichtlich: „Totgesagte leben länger. Auf Wiedersehen!“ Mario Mettbach (Partei Rechtsstaatlicher Offensive) erwiderte, 165 000 Bürger hätten nicht Schill persönlich, sondern die Politik seiner Partei gewählt.

Schill war im August von Ole von Beust (CDU) aus seinem Amt als Innensenator entfernt worden, weil er dem Bürgermeister angeblich in erpresserischer Absicht die Bekanntmachung eines homosexuellen Verhältnisses mit Justizsenator Roger Kusch (CDU) angedroht haben soll. Schill war später, trotz seiner Wiederwahl als Landeschef der Partei Rechtsstaatliche Offensive (PRO), entmachtet, abgesetzt und schließlich aus der Partei ausgeschlossen worden. Daraufhin gründete Schill die „Ronald- Schill-Fraktion“ – die Hamburger Regierung verlor damit endgültig ihre Mehrheit. SPD und GAL nehmen in der Bürgerschaft 57 der 121 Sitze ein.

Die SPD will sich bis zur Wahl mit der Kampagne „Mirow 2004“ profilieren: Der Spitzenkandidat fordert in einem Brief an die 14 000 Sozialdemokraten einen „neuen Anfang für Hamburg“. Seine Partei könne Hamburg „vor einer neuerlichen Phase der Lähmung und der Würdelosigkeit bewahren“, so Thomas Mirow. Er will im Wahlkampf auch mit bundespolitischer Prominenz antreten. „Wir haben keinen Grund, unseren Kanzler zu verstecken“, sagte Mirow im ARD-„Morgenmagazin“. Der Auftritt von SPD-Chef Gerhard Schröder in Hamburg sei für den 20. Februar vorgesehen.

Günter Beling[Hamburg]

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