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Politik: Schicksal der Entführten offen

Fünf Tage nach der Entführung von Susanne Osthoff im Irak haben lokale Behörden noch keine Spur von der verschleppten deutschen Archäologin.

Berlin/Bagdad - Das Innenministerium in Bagdad habe die Sicherheitsbehörden angewiesen, allen Hinweisen nachzugehen, sagte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch in Bagdad. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte angesichts der Entführung ein konsequentes Vorgehen an. «Wir lassen uns nicht erpressen», sagte sie in ihrer ersten Regierungserklärung in Berlin.

Der Sprecher des irakischen Innenministeriums betonte, die lokalen Behörden hätten «bisher noch keinerlei Informationen über das Schicksal oder den Zustand der Entführten». Unbekannte hatten die 43- Jährige und ihren Fahrer am Freitag verschleppt. Im Außenministerium in Berlin hieß es, man sei weiter in Kontakt mit «allen relevanten Stellen» im Irak. Angaben zum Verbleib der 43-Jährigen und zu ihren Entführern wurden nicht gemacht. Am Morgen war erneut der Krisenstab unter Leitung von Staatssekretär Klaus Scharioth zusammengekommen.

Merkel betonte im Bundestag: «Im Kampf gegen den internationalen Terrorismus dürfen wir nicht nachlassen.» Motive oder Hintergründe der Tat seien noch unklar. Die Regierung werde alles tun, um Osthoff und ihren irakischen Fahrer so schnell wie möglich in Sicherheit zu bringen. An die Adresse der Angehörigen und Freunde von Osthoff richtete Merkel die Worte: «Alle Deutschen nehmen Anteil am Schicksal der Entführten, und alle Deutschen empfinden eine tiefe Solidarität und Verbundenheit.» Sie bekräftigte, dass im Kampf gegen den internationalen Terrorismus nicht nachgelassen werden dürfe. «Er richtet sich gegen das, was uns wichtig ist und den Kern unserer Zivilisation ausmacht.»

Bisher unbekannte Geiselnehmer hatten die Archäologin aus Bayern und ihren irakischen Fahrer bereits am Freitag verschleppt. In einem am Montagabend der ARD in Bagdad übermittelten Video-Band hatten die Täter ein Ultimatum gestellt und Deutschland aufgefordert, die Zusammenarbeit mit der irakischen Regierung einzustellen. Ansonsten würden die Geiseln getötet.

Die Schwester der Entführten, Anja Osthoff, forderte die Bundesregierung auf, den Forderungen der Täter entgegenzukommen. «Ich hoffe, dass die Bundesregierung nicht so stur ist und sich viel mehr Gedanken über eine Veränderung in der Irak-Politik macht», sagte sie in München der dpa.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht in der Entführung eine Warnung für ganz Deutschland. Der Fall «zeigt, dass wir auch in Deutschland vom internationalen Terrorismus durchaus bedroht sind», sagte er der Zeitung «Die Welt». Nach Ansicht des stellvertretenden Leiters des Instituts für Terrorismusforschung in Essen, Kai Hirschmann, besteht ein Zusammenhang zwischen der Entführung und dem Regierungswechsel in Berlin. «Der Zeitpunkt der Entführung ist kein Zufall», sagte er dem «Münchner Merkur».

Geschäftspartner von Susanne Osthoff berichteten unterdessen nach Angaben des Nachrichtensenders N24, dass die Aktivitäten der Frau im Nordirak mit der deutschen Botschaft in Bagdad abgestimmt gewesen seien. Die italienische Journalistin Giuliana Sgrena, die im Frühjahr 2005 selbst in der Hand irakischer Entführer gewesen war, forderte die deutschen Fernsehanstalten zur Ausstrahlung des Videos mit der Entführten auf. «Es ist besser, das Video zu zeigen. Es hilft, eine Öffentlichkeit zu mobilisieren», sagte sie der «ZEIT» (Donnerstag). (tso/dpa)

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