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Politik: Schilys Anti-Terror-Paket in Teilen "rechtlich unzulässig"

Berlin. Das Justizministerium macht überraschend erhebliche Bedenken gegen weite Teile des zweiten Sicherheitspaketes aus dem Innenministerium geltend.

Berlin. Das Justizministerium macht überraschend erhebliche Bedenken gegen weite Teile des zweiten Sicherheitspaketes aus dem Innenministerium geltend. Zunächst hatte Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) die von Innenminister Otto Schily (SPD) geplanten Maßnahmen gegen den Terrorismus verteidigt. In der 28 Seiten umfassenden Stellungnahme ihres Ministeriums werden nun wesentliche Teile von Schilys Entwurf als verfassungsrechtlich riskant, problematisch, unverhältnismäßig und sogar unzulässig bezeichnet. Starke Zweifel werden auch deutlich in der allgemeinen Feststellung, dass es "im Hinblick auf den Titel Terrorismusbekämpfungsgesetz" angeraten erscheine, "den Gesetzentwurf auch tatsächlich auf Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus zu beschränken."

Zum Thema Online Spezial: Terror und die Folgen Themenschwerpunkte: Gegenschlag - Afghanistan - Bin Laden - Islam - Fahndung Fotostrecke: Bilder des US-Gegenschlags Die vom Innenministerium geplante, vom Justizministerium als "beinahe uferlos" bezeichnete Ausweitung der Ermittlungszuständigkeit des Bundeskriminalamtes sei verfassungsrechtlich gefährlich. Ermittlungen außerhalb der Kontrolle der Staatsanwaltschaft stellten die Strafprozessordung grundlegend in Frage. Die Vorschläge ließen Eingriffe in das informelle Selbstbestimmungsrecht zu, ohne eine Eingriffsschwelle festzulegen. Es würden verdachtsunabhängige Ermittlungen ermöglicht, die unverhältnismäßig und nicht zu rechtfertigen seien. Die geplante "Datensammlung auf Vorrat" sei wegen des im Grundgesetz geschützten Persönlichkeitsrechts unzulässig.

Schwere Bedenken äußert das Justizministerium auch gegen eine Befugnisserweiterung des Verfassungsschutzes sowie eine Verschärfung der Ausländergesetze, insbesondere der Registrierung der Religionszugehörigkeit aller Ausländer. Die Speicherung von biometrischen Daten und Fingerabdücken in Ausweisen sei rechtlich unbedenklich. Das Justizmenisterium wendet sich jedoch dagegen, dass das Innenministerium unter Umgehung des Parlaments selbst festlegen will, welche der "höchst sensiblen Gesundheitsdaten" aufgenommen werden.

Unterdessen sind die Unions-Länder im Bundesrat mit dem Versuch gescheitert, die Bundesregierung zu noch weiter gehenden Maßnahmen gegen den Terrorismus aufzufordern. Ein entsprechender Antrag wurde an die Ausschüsse verwiesen, der Antrag auf sofortige Beschlussfassung fand keine Mehrheit. In dem Papier wird unter anderem gefordert, die Kronzeugenregelung wieder einzuführen, die Übermittlung von Daten der Sozialleistungsträger an Ermittlungsbehörden zu erleichtern, die Erteilung von Visa restriktiver zu handhaben und Ausländer schneller abzuschieben, die eine Gefahr darstellten. Auch sah der Antrag eine Verschärfung des Asylrechts und der Möglichkeiten zur verdeckten Ermittlung für den Verfassungsschutz vor.

Innenminister Schily sagte zu, die Vorschläge "kritisch und sorgfältig zu prüfen". Er stimmte wie auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) den Maßnahmen im Grundsatz zu. Clement warnte jedoch vor einem "falschen Ehrgeiz", nun aus parteipolitischen Erwägungen einen Wettlauf um die radikalsten Vorschläge zu veranstalten.

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