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Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier besucht am 18.10.2015 den Basar in Teheran.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Schlüsselland Iran: Frank-Walter Steinmeiers schwierige Mission

Das Land der Mullahs muss zeigen, ob es wirklich kooperieren will - im Atomkonflikt und beim syrischen Bürgerkrieg. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Juliane Schäuble

Ein Zufall ist es natürlich nicht. Dass der Außenminister just in dem Moment vor Ort ist, in dem die EU zumindest vorläufig das Ende der Sanktionen gegen den Iran ankündigen wird – und die USA dies vorbereiten –, ist Teil einer gut geplanten Choreografie. Frank-Walter Steinmeier versteht sich als Brückenbauer, es ist sein erster Besuch überhaupt im Iran, und der erste eines deutschen Außenministers seit zwölf Jahren.

Nach dem Abschluss der Atomverhandlungen mit dem Wiener Abkommen im Juli, das dem iranischen Streben nach Atomwaffen ein Ende bereiten soll, muss das Regime in Teheran ab sofort zeigen, wie ernst es seine Zusagen meint – beispielsweise den Abbau von Zentrifugen und die Vernichtung bereits angereicherten Urans. Denn noch sind es nur Ankündigungen, denen man glauben kann, aber nicht muss. Hoffen indes sollte erlaubt sein.

Und der deutsche Außenminister hofft. Steinmeier will mit seinem Besuch demonstrieren, dass er, dass Deutschland durch die intensiven Verhandlungen Vertrauen geschöpft hat, dass der Iran wirklich wieder seinen Platz in der Weltgemeinschaft einnehmen will. Aber er sagt auch: "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser."

Sorgen um Israel und Syrien

Denn es gibt viele, die am guten Willen des Iran zweifeln, nicht zuletzt Israel, dessen Existenzrecht die Mullahs auch jetzt noch nicht anerkennen. Im Gegenteil. Um die Skepsis der Israelis, um ihre Ängste weiß Steinmeier. Auch da wartet noch viel Überzeugungsarbeit. Wie als Beweis für die Berechtigung dieser Sorgen wirkte das Einreiseverbot für Daniel Barenboim vom Sommer: Der gebürtige Argentinier mit israelischem und palästinensischem Pass, der wie kaum ein anderer für Völkerverständigung steht, hatte ein Konzert mit seiner Berliner Staatskapelle in Teheran geplant. Die Schirmherrschaft hatte der Bundesaußenminister übernommen. Doch für die Iraner war er lediglich ein Künstler im Auftrag des "zionistischen Regimes", das Teheran nicht anerkenne. Wie gesagt: Da wartet viel Überzeugungsarbeit, auch auf Steinmeier.

Der Außenminister ist aber noch in einer anderen Mission in der Region unterwegs: Der mörderische syrische Bürgerkrieg mit seinen 250.000 Toten und zwölf Millionen Flüchtlingen, von denen immer mehr außer Landes, und in jüngster Zeit zunehmend nach Deutschland fliehen, erzwingt ganz neue Allianzen. Seit fünf Jahren tobt der Krieg, und bisher gab es kaum eine Vorstellung davon, wie er beendet werden könnte. Das liegt auch daran, dass zu viele Interessen im Spiel sind.

Steinmeier als Brückenbauer?

Der schiitische Iran gilt neben Russland als wichtigster Unterstützer des syrischen Diktators Baschar al Assad. Saudi-Arabien, wohin Steinmeier am Sonntag weiterreiste, hilft den Rebellen, die Assad stürzen wollen, und kämpft inzwischen auch innerhalb der US-geführten Allianz gegen die Terrororganisation "Islamischer Staat". Die zwei Regionalmächte lehnen es bisher ab, überhaupt nur miteinander zu sprechen, Saudi-Arabien fürchtet zudem, dass der Iran nach einem Ende der internationalen Sanktionen eine Vormachtstellung in der Region anstrebt – auf Kosten der Saudis.

Brückenbauer Steinmeier will die beiden Kontrahenten in die Pflicht nehmen. Nach dem Motto: Erweist sich der Iran in der Atomfrage als verlässlicher Partner und wird dafür mit dem Ende der Sanktionen belohnt, die die Wirtschaft des Landes strangulieren, wird dieser daraus lernen und seine Rolle in der Region auch in anderen Politikbereichen wahrnehmen wollen.

Das prowestliche, sunnitische Saudi-Arabien wiederum, das trotz islamistischer Innenpolitik als Handelspartner schon heute sehr gefragt ist – nicht zuletzt als Ölexporteur und Abnehmer deutscher Waffen –, sollte ein großes Interesse an Stabilität in der Region haben. Die aber wird es nicht geben, wenn der Syrienkrieg immer weiter geht und immer mehr Menschen zur Flucht zwingt. Dass sich bereits tausende Saudis dem IS in Syrien und dem Irak angeschlossen haben, kommt dazu.

Hoffnung auf ein Morgen für Syrien

"Schwierige Gespräche" habe er zu führen, hat Steinmeier vor seiner Reise gesagt. Das ist fast schon untertrieben. Um an einen Erfolg dieses Plans zu glauben, braucht es viel Optimismus. Dass es die Kanzlerin bei ihren zeitgleichen Gesprächen in der Türkei kaum leichter hat, darf man annehmen. Doch wenn beide tatsächlich Erfolg haben und es irgendwie schaffen, zusammen mit ihren europäischen Partnern und den USA höchst unwahrscheinliche Allianzen zu schmieden, könnte sich in Syrien endlich etwas ändern. Fünf Jahre Krieg, 250.000 Tote und zwölf Millionen Flüchtlinge sollten alle Anstrengung wert sein.

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