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Politik: Schönbohm spaltet Koalition in Potsdam

SPD-Politiker fordern Rücktritt des Landesinnenministers / Schäubles Entschuldigung wird akzeptiert

Potsdam/Berlin - Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) gerät unter Druck. Seine Angriffe auf Generalbundesanwalt Kay Nehm zum Fall des schwer verletzten Deutsch-Äthiopiers und eine Rede zur Befreiung des Konzentrationslagers Sachsenhausen haben eine Koalitionskrise in Potsdam ausgelöst. Drei Abgeordnete der SPD-Regierungsfraktion forderten am Dienstag den Rücktritt Schönbohms, die Union wies dies zurück. Nach der Rückkehr von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) aus dem Genesungsurlaub soll nächste Woche der Koalitionsausschuss zusammenkommen.

SPD-Fraktionschef Günter Baaske warf Schönbohm vor, durch die öffentliche Auseinandersetzung mit Nehm dem Land geschadet zu haben. Außerdem habe er bei seiner Rede in Sachsenhausen am Wochenende ehemalige KZ-Insassen brüskiert. Schönbohm hatte in einer Feierstunde auch der Opfer gedacht, die nach 1945 dort vom sowjetischen Geheimdienst festgehalten und zu Tode gekommen waren. Dem Generalbundesanwalt hatte Schönbohm vorgehalten, die Ermittlungen im Potsdamer Fall vorschnell an sich gezogen zu haben. Schönbohm selbst sagte dem Tagesspiegel, „die Vorwürfen aus der SPD sind unsinnig“. Er habe aber nicht die Absicht, sich mit SPD-Fraktionschef Baaske auseinander zu setzen. Er habe Ministerpräsident Matthias Platzeck einen Brief geschrieben, in dem er um Klärung der Vorwürfe im Koalitionsausschuss bitte. Er werde die Auseinandersetzungen nicht anheizen.

Die Bundesvorsitzende der Grünen, Claudia Roth, forderte Schönbohms Rücktritt: „Es reicht, Herr Schönbohm, Sie sind ein Schaden für Brandenburg.“ Der Generalsekretär der Landes-CDU, Sven Petke, nannte die Rücktrittsforderungen „inakzeptabel“. CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek sprach von „ungerechtfertigter Diffamierung“.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), der wie Schönbohm ein rassistisches Motiv bezweifelt hatte und nach Kritik an den Äußerungen seine Wortwahl bedauerte, bekam dagegen Rückendeckung. Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), sagte, Schäuble habe sich für seine Äußerungen „relativ klar“ entschuldigt. „Man sollte den Rückzieher akzeptieren.“ Schäuble hatte nach dem Potsdamer Überfall gesagt, auch „blonde und blauäugige“ Menschen würden Opfer von Überfällen.

Auch mehr als eine Woche nach dem Überfall in Potsdam schwebt das Opfer weiter in Lebensgefahr. Der Zustand des 37-jährigen Familienvaters habe sich nicht geändert, sagte eine Sprecherin des Potsdamer Ernst-von-Bergmann-Klinikums am Dienstag. An der aus einer Bierflasche stammenden Scherbe, an der das Blut des verhafteten Tatverdächtigen Thomas M. gefunden wurde, befindet sich auch das Blut des Potsdamer Opfers. Dies könnte bedeuten, dass Ermyas M. mit der Bierflasche geschlagen worden ist. Das erfuhr der Tagesspiegel aus Sicherheitskreisen. ma/fan/tib/dpa

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