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Politik: Schönheitsfehler beim Schaulaufen

Die britischen Konservativen suchen einen Chef. Davis galt als Favorit – bis zu seiner Rede in Blackpool

Auf dem Parteitag der oppositionellen britischen Konservativen in Blackpool ist am Mittwoch der Schönheitswettbewerb der Kandidaten für das Amt des Parteichefs zu Ende gegangen. Der bisherige Favorit, der innenpolitische Sprecher David Davis, erhielt für seine Rede nur eineinhalb Minuten lang Beifall – ein schlechtes Signal für den 56-Jährigen. Zuvor hatten zwei Mitbewerber, der 65-jährige Ex-Schatzkanzler Kenneth Clarke und der 38-jährige Absolvent der Eliteschule Eton, David Cameron, die Partei mit einem rhetorischen Feuerwerk entzückt. Cameron, von hoffnungsfrohen Tories schon als ein neuer Tony Blair bejubelt, erhielt drei Minuten Beifall.

Der bisherige Parteivorsitzende der Tories, Michael Howard, hatte nach der Wahlniederlage gegen Blairs Labour-Partei im vergangenen Mai seinen Rücktritt angekündigt. Weil sich auf dem Parteitag in Blackpool insgesamt fünf Kandidaten um die Führung der Tories bewarben, erhielt die Konferenz so viel Aufmerksamkeit wie seit Jahren nicht mehr.

Seit 1997 haben die Konservativen drei Wahlen verloren. Sie suchen den fünften Parteichef seit 1997 in einem langwierigen Prozess, mit dem der scheidende Parteichef Howard der Partei Zeit für eine politische Grundsatzdebatte geben wollte. Viele Tories glauben, dass sich die politische Landschaft ändern könnte, wenn Regierungschef Blair wie angekündigt vor der nächsten Unterhaus-Wahl seinem Schatzkanzler Gordon Brown das Feld überlässt. Brown würde den Tories in der wahlentscheidenden politischen Mitte Raum zur Entfaltung geben. Es mangelt ihm zudem das Charisma eines Tony Blair.

Das unterstrich Kenneth Clarke in Blackpool mit einem Frontalangriff auf Brown. Clarke saß während der gesamten Regierungszeit der Konservativen von 1979 bis 1997 im Kabinett, zuletzt als Schatzkanzler. Er sieht sich als eigentlicher Architekt des britischen Wachstumswunders. „Brown hat unser Erbe vergeudet. Er ist ein Labour-Schatzkanzler wie alle anderen, der nur Steuern und Ausgaben erhöht“, höhnte Clarke.

Möglich wurde Clarkes Rückkehr auf die politische Bühne durch die europapolitische Wende nach den EU-Verfassungsreferenden in Frankreich und den Niederlanden. Als Pro-Europäer galt Clarke jahrelang als unwählbar für echte Tories – wegen der Zerstrittenheit der Konservativen in der Europapolitik war er bei der Wahl des Parteichefs im Jahr 2001 unterlegen. Nun glaubt er, das Thema habe sich nach dem „Nein“ zur EU-Verfassung in Frankreich und in den Niederlanden von selbst erledigt. Ein britischer Eintritt in die Währungsunion steht laut Clarke in den nächsten zehn Jahren nicht einmal zur Diskussion.

Doch vielen Tories gilt Clarke als Mann von gestern, der die Misere der Partei nicht wirklich begriffen hat. Der Tory-Sozialpolitiker David Willetts, oft als „Gehirn“ der Partei bezeichnet, umschreibt sie so: „Wir Konservative verstehen das moderne Großbritannien nicht mehr richtig. Dabei haben wir selbst es mit unseren Reformen in den achtziger Jahren geschaffen". Wer neuer Chef der Tories wird, erfahren die Briten nach dem Ende des Wahlverfahrens erst am 6. Dezember.

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