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Schreiber-Affäre: Politkrimi vor dem Ende

Einer der spannendsten Politkrimis der Bundesrepublik neigt sich offensichtlich dem Ende zu: Karlheinz Schreiber wird Ende des Jahres vor dem Augsburger Landgericht erwartet.

Ottawa/Augsburg - Der 72-Jährige, der einst die CDU-Spendenaffäre auslöste und vor sieben Jahren nach Kanada geflüchtete, "hat keine Chancen mehr, seine Auslieferung aus Kanada zu verhindern", war aus kanadischen Justizkreisen zu erfahren. "Wir gehen davon aus, dass alle Voraussetzungen für eine Auslieferung gegeben sind", erklärte der Leitende Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz. Nemetz leitet die Ermittlungen gegen Schreiber.

Schreiber, der in den vergangenen Jahren mit immer neuen Beschwerden, Eingaben und rechtlichen Winkelzügen seine Auslieferung zu verhindern suchte, sieht das natürlich ganz anders. Er kommentierte die jüngsten Presseberichte über seine bevorstehende Überstellung nach Deutschland in der "Augsburger Allgemeinen" mit den Worten: "Das ist alles in weiter Ferne".

Rüstungsgeschäfte und Schmiergelder

Die Augsburger Staatsanwaltschaft hatte Schreiber schon vor Jahren wegen Bestechung, Untreue und Steuerhinterziehung angeklagt. Der quirlige Geschäftsmann aus dem oberbayerischen Kaufering hatte sich in den achtziger und neunziger Jahren mit seinen vielseitigen Verbindungen vom kleinen Händler zum "Global Player" hochgearbeitet. Der enge Vertraute des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß (CSU) hat als "Einfädler" von Rüstungsgeschäften Schmiergelder in Millionenhöhe erhalten und über ein undurchsichtiges Geflecht von Tarnfirmen an Politiker und Manager weiter verteilt.

Eines der markantesten Rüstungsgeschäfte, das Schreiber eingefädelt hat, war 1991 die umstrittene Lieferung von 36 Fuchspanzern aus Beständen der Bundeswehr nach Saudi-Arabien. Der ehemalige Rüstungsstaatssekretär im Verteidigungsministerium, Ludwig-Holger Pfahls, ließ sich nach Angaben von Schreiber mit rund 1,9 Millionen Euro für das Geschäft schmieren. Nach jahrelanger Flucht wurde Pfahls dafür vom Augsburger Landgericht im August letzten Jahres zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Er kam vorzeitig auf freien Fuß.

Schreiber: "Die müssen sich warm anziehen"

Der Augsburger Staatsanwaltschaft ist es in den vergangenen Jahren gelungen, Schneisen in das Dickicht der finanziellen Verstrickungen zu schlagen. Die deutsche Justiz ist davon überzeugt, nun auch den "Fuchs" Schreiber zu Fall bringen zu können. Von seinem kanadischen Zufluchtsort aus hat das frühere CSU-Mitglied Schreiber während der Spendenaffäre "Giftpfeile" auf Unionspolitiker abgeschossen. Für den Fall, dass er "zwangsläufig" vor Gericht erscheinen muss, hat Schreiber bereits neue "große Enthüllungen" über Spendenpraktiken insbesondere der CSU angekündigt. "Die müssen sich warm anziehen", hat Schreiber gedroht.

Wie in Ottawa zu erfahren war, wendet sich auch der Oberste Gerichtshof Kanadas nicht mehr gegen eine Auslieferung Schreibers. Der Waffenlobbyist hat noch einmal einen letzten Versuch unternommen, mit politischem Hintergrund seine Auslieferung zu verhindern. So hat er sich persönlich an Justizminister Vic Toews gewandt. Justizbeobachter in Ottawa räumen aber Schreiber "keine Chancen mehr ein".

Schon vor geraumer Zeit "orakelte" Schreiber, dass er wohl für seine finanziellen Machenschaften "so acht bis zehn Jahre bekommen wird". Die Anklageschrift gegen ihn umfasst 140 Seiten. (tso/ddp)

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